Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

138 Börner, Der Allgemeine Theil dcs^Bürgerlichen Gesetzbuchs.
bestimmt für die eventuelle Geltendmachung eines Anspruchs zum Zwecke der Auf-
rechnung (8 209 Abs. 2 Nr. 3, Z 215).
Neu ist die Unterbrechung der Verjährung durch Streitverkündung
(8 209 Nr. 4, § 215) und wohl auch die Unterbrechung der Verjährung durch
Geltendmachung des Anspruchs vor einem Schiedsgerichte (§ 220).
Rechtskräftig festgestellte Ansprüche verjähren, wie zeither, in 30 Jahren,
auch wenn sie an sich einer kürzeren Verjährung unterstehen. Ausgenommen sind
mit Recht die Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig
werdende Leistungen. Der rechtskräftigen Verurtheilung steht ein sonstiger voll-
streckbarer Titel gleich (§§ 218, 219; sächs. G.B. 8 169 Satz 2).
Der Ablauf der Verjährung erzeugt, wie schon hervorgehoben, nur eine
Einrede.' Der Verpflichtete ist nach 8 222 Abs. 1 berechtigt, die Leistung zu
verweigern. Das ist der ständige Ausdruck des Gesetzbuchs für die civilrechtliche
Einrede. Die civilrechtliche Einrede deckt sich nicht mit der prozessualen. Die
prozeffuale Einrede umsaßt auch die rechtshindernden und die rechtSaufhebenden
Thatfachen. In diesen liegt für den Praktiker ihre Hauptbedeutung. Es wird
geltend gemacht, daß der Anspruch nicht entstanden oder daß der Anspruch zwar
entstanden, aber wieder erloschen sei. Wer dagegen eine civilrechtliche Einrede vor-
schützt; sagt: der Anspruch ist entstanden, er besteht auch noch, aber er braucht
zur Zeit oder er braucht überhaupt nicht befriedigt zu werden. Der Begriff der
civilrechtlichen Einrede, soweit sie auf eine Ablehnung der Befriedigung für immer
gerichtet' ist, hat lebhafte Anfechtung erfahren. Meinem Dafürhalten nach mit
Recht. ; ' Was soll das Fortbestehen eines Anspruchs in alle Ewigkeit, wenn ihm
die Seele, die Durchführbarkeit, genommen ist? Wozu die Aufbewahrung einer
solchen Mumie? Selbst wenn der Verpflichtete im Prozeß auf Grund der Ein-
rede obsiegt, ist der Anspruch nicht aufgehoben, nicht todt; cS ist nur seine Un-
durchführbarkeit rechtskräftig festgestellt; es ist ihm nur amtlich bezeugt, daß er ein
Messer ohne Klinge ist. Ich bin überzeugt, daß, wenn wir die civilrechtliche Ein-
rede in diesem Sinne nicht im römischen Rechte vorgefunden hätten, Niemand auf
sie gekommen wäre. Im römischen Rechte hing sie mit der Zwiespältigkeit des
Civilrcchts und des prätorischen Rechtes zusammen. Der Prätor konnte das Civil-
recht nicht umstoßen; aber er legt es aus Billigkeitsrücksichten nach Befinden da-
durch lahm, daß er seine Hand zur Durchsetzung nicht bot. Diese Form des
Rechtsschutzes hätte mit der Zwiespältigkeit des Rechtes verschwinden sollen. Es
ist dies jedoch nur zum Theil geschehen. Allerdings giebt es Thatfachen, die, wie
die Verjährung, nicht ohne Weiteres durch ihren Eintritt, sondern erst dann wirken,
wenn der Verpflichtete sie geltend macht, und die demgemäß von dem Richter nicht
schon dann, wenn sie im Streitmatcriale liegen, sondern erst dann berücksichtigt
werden dürfen, wenn der Verpflichtete sich auf sie beruft. Allein um dieser Ge-
staltung gerecht zu werden, genügt völlig der Begriff der mittelbar rechtsaufheben-
dcn Thalsache. Bei Verwendung dieses Begriffs würde der Unterschied von der

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