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Literatur.
vor dem Send errichtetes Testament Platz finden können. Manchmal sind
die ungedruckten Quellen nicht völlig ausgeschöpft. So hätte für
den Wortlaut des Schöffeneides S. 251 zunächst das Protokollbuch von
1668ff. 8. 2 angerufen werden sollen (S. 321 muß es statt Prot, von 1586
richtig 1568 heißen!). Für den Ort der gebotenen Sendsitzungen 8. 673
findet man häufige Hinweise z. B. in den Protokollen von 1568—1569
mit „in domo parochi". Übrigens besagt eine Notiz in der Zeitschrift
„Aus Aachens Vorzeit" 1890, S. 105, daß 1683 das „Sendgerichts-
gebäude" in Aachen neugebaut wurde; von einem solchen hört man
aber bei Frohn überhaupt nichts. Für S. 704 ließe sich das Beispiel
im Protokoll von 1568, April 30. nennen, wonach „die send gewöhnlich
und gebührlicher weiße besessen und gefragt" wurde, zugleich ein
Beleg für die feminine Behandlung des Wortes Send. Die Vermutung
S. 117, daß der Sendrichter alle, welche ihre Kinder nicht nach katholi-
scher Vorschrift taufen ließen, vor sich lud, findet ihre Bestätigung in
dem Protokoll von 1572, März 24., wonach die Hebammen dem Send
anzuzeigen gehalten sind „furnemlich die dieser zeit ihre kinder unge-
deuft lassen, also auch die der widderteuf er seckt".
Die Gruppierung des Stoffes ist klar und (bis auf einige Neben-
sächlichkeiten) folgerichtig. Frohn beginnt nach einer Einleitung mit
dem „Alter und Ansehen des Aachener Sendgerichts". Es ist, sagt er,
„ein Rügegericht, das nach mehrhundertjähriger Tätigkeit im Ver-
borgenen stark geworden, erst im untergehenden Mittelalter von seinem
Bestehen Kunde gibt, um dann, auf Privilegien und zahlreiche Bestäti-
gungen von Päpsten und Kaisern gestützt, bis ins 18. Jahrhundert
hinein Lebenskraft zu zeigen, bis in eine Zeit, wo anderswo fast alle
Einrichtungen dieser Art längst in Vergessenheit geraten waren" (S. 8).
Die älteste Urkunde, die über den Bestand des Aachener Sends
Zeugnis ablegt, datiert von 1253. Es ist eben wie fast überall: bis rund
1200 mangeln die historischen Dokumente und man kann nur Wahr-
scheinlichkeitsgründe geltend machen, daß es in Aachen bis dahin mit
dem Send nicht anders bestellt war als in den übrigen fränkischen und
deutschen Diözesen; zuerst reiner Bischofssend wird er zum Archidiakonal-
send. Soweit sich aber in der Reichsstadt Aachen dieses geistliche Gericht
urkundlich zurückverfolgen läßt, also bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts,
war immer der Aachener „Erzpriester", d. h. der Pfarrer der Haupt-
kirche Aachens, der St. Foilanskirche, Vorstand des Gerichts oder Send-
herr mit allen Rechten und Pflichten. Der Verfasser handelt über ihn
S. 13—20, bespricht seine Ernennung durch die Herzoge von Jülich
als Vögte Aachens, seine Aufschwörung als Sendherr, sein Verhältnis
zu dem Archidiakon von Hasbanien und dem Dekan von Mastricht,
welch beiden Aachen unterstand. Ausführlich und verständlich zeichnet
er sodann die Zusammensetzung des Aachener Sendgerichts; es
bestand aus dem Erzpriester als Vorsitzendem, aus 4 geistlichen (= 4
Stadtpfarrer Aachens) und 7 weltlichen Schöffen (Patriziern) mit lebens-
länglicher Amtsdauer. Es ist begreiflich, daß die Stadt das Recht der
Sendschöffen wähl allgemach an sich zu ziehen suchte. Während noch