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Literatur.
Verbreitung und Dauer irrige Schlüsse gezogen wurden. So kommt
es auch, daß man langefort glaubte und zum Teil heute noch glaubt,
der Send gehöre nur dem karolingischen Zeitalter an oder wenigstens
er hätte sich im 12. und 13. Jahrhundert verloren; insbesondere wurde
und wird das ehrwürdige Institut der karolingischen „Sendboten" (missi
dominici) immer wieder mit dem „Send" (synodus) identifiziert, natürlich
mit Unrecht. Seine Arbeit über Bischof Burchard I. v. Worms (f 1025)
München 1905, genauer „über die kirchlichen Zustände um das Jahr 1000"
nach des Kanonisten Burchard „Dekret" und einschlägigen zeitgenössi-
schen Quellen führte den Referenten auf den Gedanken, die gesamte
Geschichte des Sends für Deutschland in Angriff zu nehmen. Die erste
Frucht mühsamer Arbeit war seine Habilitationsschrift über „die Send-
gerichte in Deutschland" I (1907). Eine Archivreise nach dem westlichen
Deutschland (1908) brachte als Ergebnis einen Band „Sendquellen"
(1909) und eine weitere größere Archivreise (1911) sowie kleinere Archiv-
besuche eine Fülle noch ungedruckten und unbenutzten Materials, ohne
daß indessen die Durchforschung der Archive hätte ihren Abschluß finden
können. Schuld daran sind vielfältige, objektive und persönliche Gründe,
nicht zum mindesten auch der, daß Referent gerade zu mehreren größeren
geistlichen Archiven, die ohne Zweifel genug Sendmaterial bergen müssen,
bisher zu seinem Bedauern keinen Zutritt bekommen hat, während wieder
andere in der loyalsten und anerkennenswertesten Weise entgegenge-
kommen sind. So sehr nunmehr auch das Interesse für die Sendgerichte
geweckt ist, so wenig vermag selbst standhafte Zähigkeit dasselbe bis
zur Stunde im wünschenswerten Maße zu befriedigen.
Nicht mit Unrecht setzt nunmehr, bevor noch aus dem mächtigen
Sendstoffe eine erste Gesamtdarstellung des Sends geschaffen ist, die
lokale Detailforschung ein. Angesichts dieser örtlich so variablen
Gerichtsart kann sie nur von Nutzen sein, wofern sie auf ihren engsten
Kreis sich beschränkt, während sie da, wo sie allgemeine Schlüsse zu
ziehen versucht, vielfach in die Irre geht. Das gilt auch von der oben
angeführten Dissertation. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Send in
Aachen zu behandeln und zwar bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.
An Material hierfür mangelt es nicht; Referent hatte selbst, natürlich
seinen Zwecken entsprechend, das gedruckte gesammelt und das unge-
druckte 1908 auf dem Stadtarchiv Aachen, dessen damaligem stellver-
tretenden Vorstande, Dr. Brüning, er auch hier für seine große Liebens-
würdigkeit danken möchte, vorgelegt bekommen und ausgezogen, es
dann teilweise schon in seinen „Sendquellen" verwertet, teilweise für
die kommende Darstellung zurückgelegt. Es freut ihn, daß jetzt ein
„Einheimischer" dieses Thema zum Gegenstand einer Spezialstudie
gemacht hat; die Möglichkeit tieferen Eindringens, liebevolleren Ver-
senkens in die Sache war damit von selbst gegeben.
Es ist indes nicht das erstemal, daß über den Aachener Send
geschrieben wird. Schon 1632 hatte der ehemalige Sendgerichtssekretär
J. Nopp in seiner Chronik von Aachen ausführlich und, was um so
wertvoller, aus eigener Anschauung darüber gehandelt. Dann hat Chr.