32
Bernhard v. Simson,
streckten sich weiter, als bisher angenommen wurde. Ein
Benediktus Levita hat nicht existiert. Die ihm beigelegten
Fabrikate sind auch aus der Offizin von Le Mans hervor-
gegangen, was ich vollständig beweisen zu können glaube.“
Freilich ist auch Döllinger, der diese Ansichten schon
seit langer Zeit gewonnen hatte, nicht mehr dazu gekommen,
sie, wie er noch als hochbetagter Greis beabsichtigte1), zu
begründen. Seckel 2) findet den Stil Benedikts und
Pseudoisidors verschieden, wobei er u. a. die beiderseitigen
Präfationen im Auge haben mag. Indessen kommt darauf
nicht soviel an, wenn man eben die Voraussetzung auf-
gibt, daß diese riesigen Fälschungen von ein und derselben
Person nicht nur veranlaßt, sondern auch ausgearbeitet
seien. Überdies sind, wie ich nachgewiesen habe3), andrer-
seits auch entschiedene stilistische Ähnlichkeiten zwischen
beiden vorhanden.
entstanden ist, daß mehrere zusammen sozusagen fabrikmäßig daran
gearbeitet haben, und daß Bischof Aldrich der intellektuelle Urheber,
seine Canonici die Amanuenses, die nach seinen Weisungen arbeiteten,
waren" (s. Briegers Zeitschr. f. Kirchengeschichte XII, 209).
Vgl. Friedrich a. a. O. S. 671 — 673. Es sollte eine Arbeit
über Pseudoisidor und Gratian werden. Auch der Referent über Döl-
lingers Akademische Vorträge 3. Bd. im Literar. Zentralbl. 1891,
Nr. 35, Sp. 1186 (vermutlich E. Friedberg) schreibt: „Zu beklagen
ist, daß sich nicht auch Aufzeichnungen über die Pseudo - Isidorfrage
aufgefunden haben. Ref. weiß, daß er sich mit derselben eingehend
beschäftigt hat und für die neuerdings von Simson vertretene Meinung
eine Lanze brechen wollte." Ebenso schrieb Döllinger an mich schon
im Jahre 1887: „In einer hoffentlich bald erscheinenden Schrift werde
ich, meine ich, imstande sein, so nebenbei die von Ihnen erkannte Tat-
sache noch mit einigen Bestätigungsgründen zu versehen" (Zeitschr. L
Kirchengeschichte a. a. O.).
2) Realenzyklopädie a. a. O. 8. 299. Gegen die Identität Bene-
dikts und Pseudoisidors, nur für ihren Zusammenhang, spricht sich
auch J. Biberfeld in einer ablehnenden Rezension meiner Schrift
aus (Zeitschr. f. vergl. Rechtswissenschaft VII, 453).
3) Vgl. Entstehung S. 60—62. 75. — Zur Berichtigung meiner
dortigen Bemerkungen 8. 64—65 trage ich nach, daß die bei Pseudo-
isidor mehrfach gebrauchte Phrase ante deficeret dies quam usw., wie
ich aus A. Mittag, Die Arbeitsweise Ruotgers in der Vita Brunonis
(Wissenschaft!. Beilage zum Jahresbericht des Askanischen Gymna-
siums zu Berlin. Ostern 1896) S. 11 ersehe, nicht auf Sallust, sondern
auf Cicero zurückgeht.