Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (7 (1917))

Die Verletzbarkeit d. Geistl. n. d. ev. Kirchenordn. d. 16. Jh. 345
11. Nach der „Visitations und Consistorialord-
nunge des Marggraffen Johansen Georgens zu
Brandenburgk“1) von 1573 und den Visitationsabschie-
den2) waren in Brandenburg die Versetzung auf Antrag wie
mit Zustimmung des Geistlichen und der Stellentausch,
der ja nur eine gegenseitige Versetzung auf Antrag dar-
stellt, in Übung, dagegen werden die Versetzung im Inter-
esse des Dienstes und die Strafversetzung wenigstens nicht
erwähnt. Der Stellentausch ist an die Genehmigung des
Konsistoriums und die Zustimmung der Patrone gebunden:
„es soll auch3) kein pfarrer permutiren oder mit einem andern
wechseln ohne consens, praesentation, Institution und ein-
weisung bei Verlust der pfarren“.4) Aus dem Visitations-
abschied vom 11. August 1578 für Stendal, der u. a. auch
die Streitigkeiten zwischen dem Superintendenten Andreas
Celichius und dem Rate schlichten sollte, ersieht man, daß
die Parteien ein willigten, sich zu vertragen, und der Super-
intendent Celichius auf sein Ansuchen versetzt wird, wie
auch „der herr superintendens auf sich genommen“, den
Kaplan Sagittarius, der in diesem Streite gegen den Rat
gehörig“, und es läßt sieh der Nachweis erbringen, daß in der Praxis
der evangelischen Kirchen die Strafversetzung geübt und aus der Praxis
der katholischen Kirche übernommen worden ist.
x) Richter II 8. 359 ff.; Sehling III 8. 105ff.
2) Z. B. für Stendal vom 11. August 1578, Sehling ebenda S. 317ff.
8) Sehling a. a. O. S. 110.
4) Wenn die Stelle ,,so gebüret auch den pfarrem ire weiber, kinder
und gesinde in aller gottesfurcht und erbam sitten dermaßen aufzuziehen,
das sie in deme nachzufolgen, christliche anleitungen geben, und do sie
es nicht thun und hierinnen seumig oder lessig sein würden, sollen sie
ihres amptes dadurch (also ipso facto!) priviirt sein in erwägung, das
diejenigen, so die iren übel ziehen, die andern nicht wol unterweisen
oder bessern können“ (Richter a. a. O. 8. 365) nicht bloß pädagogische
Wirkungen auszulösen bestimmt war, was wegen ihrer ganzen Fassung
anzunehmen, sondern auch juristische Bedeutung hat, dann würde sich
der unbefriedigende Zustand ergeben, daß an einen an Dritten kon-
statierten Tatbestand die privatio beneficiii geknüpft wäre, oder
gar privatio beneficii et officii, aber der in seinen Erziehungsresultaten
so Unglückliche würde nicht inhabilis werden, also „anstellungsfähig“
bleiben, da man doch annehmen muß, die Verfasser der Visitations-
und Konsistorialordnung haben den Unterschied von privatio und de-
positio gekannt.

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