Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (1 (1911))

Westgot. u. kath. Auszüge d. 16. Buchs d. Theodosianus. 121
machen, aus dem Inhalt der Sammlung Momente zu ermitteln,
die für die Bestätigung der Annahme ihrer Abfassung inner-
halb der angegebenen örtlichen und zeitlichen Grenzen, oder
am liebsten zu einer näheren Begrenzung verwertet werden
können. Soweit ich sehe, versprechen diesen Dienst ledig-
lich die Sätze, die unsere Sammlung mit Bezug auf den
Paganismus und bestimmte Häresien und Häretiker ein-
schließt. Sie enthält, wie wir sahen (vgl. S. 109), auch Kon-
stitutionen, die sich gegen den Paganismus wenden. Hieraus
darf man doch schließen, daß zur Zeit ihrer Veranstaltung
das Heidentum noch nicht völlig abgetan ist, schwerlich mehr;
denn der Judex, der, nach einem Gesetze vom Jahre 391
(10,10), auf Reisen oder in der Stadt in Andacht einen Tempel
betritt und dafür mit Strafe bedroht ist, wird im Sinne der
Sammlung, die den Text aufnimmt, schwerlich für einen Heiden,
sondern für einen Amtsträger gelten müssen, der nach aria-
nischem Vorbild auch vor den Altären der Heiden sein Haupt ent-
blößen will.1) Wenn nun angenommen werden kann, daß unter
den besonderen örtlichen Entstehungsverhältnissen, von denen
sofort die Rede sein wird, Reste des Heidentums schwerlich
sich in die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts hinübergerettet
haben2), so ist damit auch für die Entstehungszeit der Samm-
lung ein äußerster Grenzpunkt gewonnen. Von den Häresien,
die in den Konstitutionen genannt werden, kommt für unsere
Frage kaum eine andere als das Pelagianum et Caelestianum
dogma (Sirm. 6), von den Häretikern die Arianer, Manichäer
und Priscillianisten (5, 59 u. 60; Sirm. 6), aber auch die
Donatisten (5, 52 u. 6, 4) in Betracht.3) Die an den gallischen
9 So charakterisiert Agila in seinem Gespräche mit Gregor von
Tours (Hist. Franc. 5, 44) den Arianer. — 2) Beste des Heidentums
sind im burgundischen Gallien nicht über die erste Hälfte des 6. Jahr-
hunderts nachweisbar (vgl. 8. 832) — 3) Es werden dann noch in zwei
Konstitutionen genannt die Eunomiani, Macedoniani, Novatiani, Sab-
batiani. Wie die Gesetze (5, 59 u. 60) im Osten gegeben sind, so
handelt es sich hier um Häretiker des Ostens oder um Ketzereien, die
wenigstens für Gallien nicht in Betracht gekommen sein werden.
Erwägt man, daß die beiden Konstitutionen neben ihnen die Arianer,
Manichäer und Priscillianisten nennen, im übrigen aber ihre Sanktion
gegen alle Ketzer richten, so kann man bestimmt annehmen, daß sie
nicht um jener Häresien halber aufgenommen worden sind. Die Eunomi-
aner waren übrigens nur eine Spielart der Arianer.

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