Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (8 (1918))

10.27. Kißling, J. B., Geschichte des Kulturkampfes im Deutschen Reiche III

Literatur.

297

Dr. Joh. B. Kißling, Geschichte des Kulturkampfes im
Deutschen Reiche. Im Aufträge des Zentralkomitees für
die Generalversammlungen der Katholiken Deutschlands.
3 Bände. Dritter Band: Der Kampf gegen den passiven
Widerstand. Die Friedensverhandlungen. Freiburg i. Br.,
Herder 1916. VI, 474 S.
Der erste und zweite Band dieses Werkes sind in den früheren Jahr-
gängen ausführlich gewürdigt worden (vgl. II, 8. 453. IV, S. 563). Der
dritte Band behandelt die Zeit von 1874 etwa bis zum Jahre 1887,
stellt den weiteren Verlauf der kirchenpolitischen Zwangsgesetzgebung
in Preußen und im Reiche und deren Durchführung dar, leitet sodann
über die „Ära der diskretionären Vollmachten“ zu dem Friedensschluß,
der in den Gesetzen von 1886 und 1887 betätigt wird. Dazu kommt
dann wiederum eine Schilderung des Verlaufs der kirchenpolitischen
Kämpfe in den übrigen Staaten des Deutschen Reiches, vor allem in
Bayern, Baden und Hessen.
Der dritte Band gleicht in seinen Vorzügen und Schwächen durch-
aus den beiden ersten. Der Verfasser bringt in flotter Schreibweise und
mit unzweifelhaftem Geschick eine Fülle von Lesefrüchten und tatsäch-
lichen Angaben, für die vielleicht nur eine häufigere Quellenangabe er-
wünscht gewesen wäre, und in denen natürlich ein großes Stück Arbeit
steckt. Allein dem Verfasser gelingt es auch hier nicht, zwischen den
Tatsachen nach allen Seiten den geschichtlichen Zusammenhang her-
zustellen. Seine „Geschichte des Kulturkampfes“ ist nicht eine Dar-
legung, wie aus den verschiedensten geschichtlichen Ursachen sich dieser
große Kampf zwischen Staat und Kirche entwickelt und wie die mannig-
fachsten Umstände seinen Verlauf bestimmen, sondern sie ist eigentlich
eine Beschwerde oder Anklageschrift mit geschichtlichen Belegen. Dem
Verfasser steht es von vornherein fest, daß die katholische Kirche in
Deutschland, vornehmlich in Preußen, ohne alle Veranlassung gegen
Recht und Gerechtigkeit schwer verfolgt worden ist, und zwar anfangs,
weil die preußische Politik von protestantischen Herrschern geleitet
wird, und später, weil die Weltanschauung des „Liberalismus“, der
„Unglaube“ den „Glauben“ bekämpft. Es ist schon früher in der
Besprechung des ersten Bandes dargetan worden, daß die große Aus-
einandersetzung von Staat und Kirche damit nicht erklärt ist, sondern
daß sie auf eine Reihe von Verschiebungen in der weltlich-staatlichen
Gesellschaft wie in der Kirche zurückzuführen ist und daß sie nur eine
Teilerscheinung eines Vorganges ist, der sich allerorten, nur in verschiede-
ner Weise, abgespielt hat —, in Preußen allerdings in besonders scharfer
Form, bedingt durch die starke Betonung der obrigkeitlichen Macht,
die diesem Staate bisher eigen gewesen ist.
Aus verschiedenen Gründen ist es nicht möglich, hier dem Ver-
fasser in die Einzelheiten zu folgen und seiner Auffassung eine andere
Gesämtanschauung gegenüberzustellen, zumal da Kißling nicht die Dar-

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