Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (8 (1918))

278 Literatur,
führung gebracht worden sind. Auch in der bisherigen Literatur ist
diese Frage, soweit dem Unterzeichneten bekannt, nicht nach allen
Richtungen hin untersucht und klargestellt worden. Um nur einen
wichtigen Punkt hervorzuheben, sei auf die Bestimmungen des Gesetz-
buchs über die Besetzung des Pfarramtes hingewiesen. Hiernach hat
in patronatfreien Gemeinden die Gemeinde den Pfarrer zu wählen (§ 353),
in Pfarreien, die im Patronat stehen, hat die Gemeinde ein sog. votum
negativum (§ 334ff.), Bestimmungen, die sich mit dem katholischen
Kirchenrecht nicht vereinigen lassen. Der Verf. ist der Ansicht (S. 131),
es bedürfe keines näheren Eingehens auf diese Bestimmungen, da sie
für die katholische Kirche gemäß § 324 nur subsidiäre Bedeutung hätten-
Indes beruht dies auf einem Irrtum. Naoh § 324 haben die Bestimmungen
nur subsidiäre Geltung gegenüber der ,,Verfassung jeder Provinz und
jedes Ortes", nicht aber gegenüber dem gemeinen Recht, dessen Geltung
durch das Publikationspatent aufgehoben worden ist. Die Bestimmung
aber, daß der Bischof das Pfarramt zu besetzen hat und nur an die Mit-
wirkung des Patrons gebunden ist, nicht aber an die Wahl der Gemeinde,
ist gemeines Recht, nicht partikulares Recht. Die Vorschriften der
§§ 325, 326, wonach in allen Fällen der Gemeinde ein votum negati-
vum zusteht, nehmen aber auch gegenüber dem Partikularrecht eine
absolute Geltung in Anspruch.
Auch nach einer andern Richtung hin wäre eine Ergänzung der
Arbeit des Verf. wünschenswert. Der Westfälische Friedensvertrag
(I.P.O. Art. XI §§ 1, 4, 5, 6) hatte das Erzbistum Magdeburg und die
Bistümer Halberstadt, Minden und Kamin nicht aufgehoben, sondern
er hatte sie in perpetua et immediata feuda (Magdeburg für den Fall
des Todes des damaligen Administrators) dem Kurfürsten von Branden-
burg übergeben. Der Kurfürst war dadurch episcopus perpetuus ge-
worden, possessor hereditarius episcopatus (Art. XI § 2). So war der
protestantische Landesherr episcopus perpetuus über die katholische
Kirche in diesen Landesteilen geworden und übte über sie die iura epi-
scopalia aus. Nur verpflichtete er sich, die actus meri ordinis, zu deren
Vornahme allein die Priesterweihe oder die consecratio episcopalis be-
fähigt, ,Jederzeit durch katholische Subjekte" ausüben zu lassen. Er
schrieb sich demgemäß auch das Recht zu, einen ,,vicarius in spirituali-
bus" zu ernennen. Der Papst, der den Westfälischen Frieden nicht an-
erkannt hatte, hat aber auch den Kurfürsten von Brandenburg, den König
von Preußen nicht als episcopus perpetuus anerkannt. Daraus entstanden
'Rechtsverhältnisse, die nach Staatsrecht wie nach Kirchenrecht höchst
-absonderlich waren, die aber bisher noch nicht näher untersucht worden
sind. Sie sind auch durch das Allgemeine Landrecht nicht beseitigt
worden, sondern sollten bei der Kodifikation des Provinzialrechts auf-
rechterhalten werden (Reskript des Großkanzlers v. C armer vom
25. Juni 1797 und Bericht der Regierung zu Halberstadt vom 20. Juni
1799 in Mejer, Die Propaganda Bd. II 8. 296 und in Preußen und die
katholische Kirche Bd. VIII 8. 157). Der Verfasser erwähnt (8. 111)
diese Verhältnisse (nach Hubrich) zwar in der Kürze, geht aber auf

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