Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (8 (1918))

Literatur.

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essierenden Gebiete des Vermögensrechtes.“ Dabei ist aber auch zu
berücksichtigen, daß in dem Gesetzbuch vielfach, namentlich in den
das öffentliche Recht enthaltenden Abschnitten des zweiten Teils, an
den Anfang der einzelnen Titel allgemeine Sätze gestellt sind, die mehr
der allgemeinen Rechtslehre als dem positiven Rechte angehören. Sie
geben die Rechtsauffassung der Verfasser des Gesetzbuchs wieder,
das Gesetzbuch hat dann aber in seinen einzelnen Rechtssätzen keines-
wegs die Folgerungen daraus gezogen, die zu einer Umgestaltung des
bisher geltenden Rechts geführt hätten. Das Gesetzbuch hat diese
allgemeinen Sätze durch so viel Ausnahmen durchbrochen, daß sie da-
durch ihren Wert für das positive Recht zum großen Teil verloren haben.
So verhält es sich auch mit den §§1 — 6 des Tit. 11, die die allgemeinen
Grundsätze über die Glaubensfreiheit und Bekenntnisfreiheit der Ein-
wohner des Staats enthalten, in welchen „die vollkommene Glaubens-
und Gewissensfreiheit“ anerkannt wird, während das Gesetzbuch in
seinen weiteren Bestimmungen noch weit davon entfernt ist, alle Folge-
rungen daraus zu ziehen. Auch von dem Verf. ist dies nicht klar er-
kannt und genügend berücksichtigt worden.
Die Schrift ist in sieben Abschnitten geordnet. Nachdem der
Verf. zunächst die Theorie des Naturrechts über das Verhältnis von
Staat und Kirche und die Stellung des Staates zur Kirche in Preußen
bis zum Allgemeinen Landrecht kurz besprochen hat, erörtert er ein-
gehend die Auffassung des Allgemeinen Landrechts über die rechtliche
Natur der Kirche (S. 18—44) sowie die Rechtsstellung der Kirchen-
gemeinden, der Kirchengesellschaften im Sprachgebrauch des Ge-
setzbuchs (S. 45—71). Daran schließen sich die Ausführungen über die
Rechtsstellung der weltlichen Mitglieder der Kirchengemeinde (S. 1%
bis 85) und der Geistlichen in der Kirchengesellschaft (S. 86—106).
Den Schluß bildet die eindringende und wichtige Untersuchung des Verf.
über die rechtliche Anerkennung, die die katholische Gesamtkirche und
ihre Organe, der Papst und die Bischöfe, in dem Allgemeinen Landrecht
gefunden haben. Papst und Bischöfe sind die ,,geistlichen Oberen, unter
deren Direktion die Kirchengesellschaften stehen“ (II 11 § 114). Des
Papstes wird keiner ausdrücklichen Erwähnung getan. Nur wird be-
stimmt, daß päpstliche Bullen und Breven der staatlichen Genehmi-
gung bedürfen (§ 118) und daß die canonici über das aus der Präbende
erworbene Vermögen letztwillig verfügen können, ohne eines päpst-
lichen Indults hierzu zu bedürfen. Der Papst gehört aber zu den kirch-
lichen Oberen, wenn das Gesetzbuch auch in weitgehendem Maße die
Ausübung der Kirchengewalt durch den Papst und die Bischöfe mehr im
Sinne des Territorialsystems als in dem des Kollegialsystems be-
schränkt hat.
So verdienstlich die Darstellung des Verf. ist, so bedarf sie doch
einer Ergänzung durch eine Untersuchung der Frage, ob und inwieweit
die Vorschriften des Allgemeinen Landrechts, die im Widerspruch stehen
mit dem bis dahin in den Preußischen Landen in Geltung stehenden
gemeinen katholischen Kirchenrecht, auch wirklich im Leben zur Durch-

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