10.20.
Löhr, J., Das Preußische Allgemeine Landrecht und die Katholischen Kirchengesellschaften
Besprochen von E. Loening
276
Literatur.
Dr. theol. et iur. et phil. Joseph Löhr, z. Zt. Festungsgarni-
sonpfarrer in Netz, Das Preußische Allgemeine Landrecht
und die Katholischen Kirchengesellschaften (a. u. d. T.
Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katho-
lischen Deutschland, Heft 31). Paderborn, F. Schöningh
1917. 152 S.
Der Verfasser hat sieh zue Aufgabe gestellt, das System des katho-
lischen Kirchenreehts, wie es in dem Preußischen Allgemeinen Landrecht
als Staatskirchenreeht für den gesamten Preußischen Staat seine gesetz-
liche Gestaltung erhalten hat, in seiner Bedeutung für die katholische
Kirche und in seinen Beziehungen zum Naturrecht und zu der Auf-
klärung darzustellen. In anerkennungswerter Weise hat der Verf. diese
Aufgabe gelöst, und für die Geschichte des Preußischen Rechts wie des
Kirchenrechts ist seine Abhandlung gleich wertvoll. Sie beruht auf
gründlichen Untersuchungen des Inhaltes des Allgemeinen Landrechts
T. II Tit. 11 ,,Von den Rechten und Pflichten der Kirchen und geist-
lichen Gesellschaften“, wie der Verf. denn auch die im Justizministerium
aufbewahrten Materialien zum Allgemeinen Landrecht benutzt hat.
Freilich bot diese Benutzung keine große neue Ausbeute, da die Materia-
lien zu T. II Tit. 11 zum großen Teile schon seit langem veröffentlicht
sind, so daß dem Verf. nur eine Nachlese übrigblieb. Auch lag es nicht in
dem Plane des Verf., die Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts über
die von dem Gesetzbuch so gen. geistlichen Gesellschaften (Domkapitel,
Kollegiatstifter, kirchliche Orden usw.), deren Rechtsverhältnisse in
T. II Tit. 11 §§ 939 — 1232 geordnet sind, in den Kreis seiner Unter-
suchungen einzubeziehen. Das Bestreben des Verf. war darauf gerichtet,
nachzuweisen, daß und wie die Grundanschauungen, auf denen die all-
gemeinenBestimmungen des Gesetzbuchs beruhen, in der damals herrschen-
den Lehre des Naturrechts über das Verhältnis des Staates zur Kirche
wurzeln. Seine Abhandlung berührt sich hierin vielfach mit den gründ-
lichen und umfangreichen Untersuchungen von Hubrich über Staat und
Kirche in der preußischen Monarchie am Ausgang des 18. Jahrhunderts,
die in vier Aufsätzen in dem Verwaltungsarchiv Bd. 20 u. 21 (1912, 1913)
veröffentlicht sind. Der Verf. bemerkt über das Verhältnis seiner Schrift
zu diesen Aufsätzen, daß vor deren Erscheinen die erstere schon fertig
vorlag, daß es ihm aber doch noch möglich war, wichtige Ausführungen
von Hubrich zu benutzen. Wie Hubrich ist auch der Verf. zu dem
richtigen Ergebnis gekommen, daß das Allgemeine Landrecht ,-ganz
überwiegend von dem Kollegialsystem mit seiner Trennung von Kirchen-
hoheit und Kirchengewalt beeinflußt ist, welch letztere der Landesherr
nur ex iure delegato besitzen kann". Mit Recht aber fügt er hinzu:
„Dabei bleibt freilich bestehen, daß der grundsätzliche Kollegialismus
des Landrechts mehrfach eine territorialistische Färbung erlitten hat, in-
dem man die dem Staate als weltlichem Gebilde zukommenden Auf-
sichtsbefugnisse zu einer positiven Direktion erweitert hat, namentlich
.auf dem den Staat vom ökonomischen Standpunkte aus besonders inter-