10.15.
Schultze, A., Stadtgemeinde und Reformation
Besprochen von A. Werminghoff
Literatur.
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sein; denn seine bekannten Vorschläge zur Kirchenzucht in der „Deutschen
Messe“ 1526 (WA. XIX 8. 75) berühren sich mit Sendgedanken: es ist
eine öffentliche Bestrafung vorausgesetzt, weil man die, so sich nicht
christlich hielten, „kennt".
Zürich. W. Köhler.
A. Schultze, Stadtgemeinde und Reformation. Eine An-
trittsvorlesung in erweiterter Fassung (a. u. d. T.: Recht
und Staat in Geschichte und Gegenwart. Eine Sammlung
von Vorträgen und Schriften aus dem Gebiet der gesamten
Staatswissenschaften Nr. 11). Tübingen, J. 0. B. Mohr
(P. Siebeck) 1918. 51 S.
Aus mehr denn einem Grunde werden die Leser unserer Zeitschrift
es froh begrüßen, daß A. Schultze seine Leipziger Antrittsvorlesung
vom 16. Januar dieses Jahres in erweiterter Fassung veröffentlicht hat.
Die Betrachtung der durch die deutsche Reformation in die Wege ge-
leiteten Rechtsentwickelung ist in der Jubiläumsliteratur des vorigen
Jahres mehr als stiefmütterlich gewesen (vgl. Theologisches Literatur-
blatt 1918, 8p. 126), und gerade für sie bedeutet das inhaltreiche Heft
zugleich ein Programm, das überdies an frühere Arbeiten seines Ver-
fassers anknüpft und sie weiterführt. Sein Ziel ist, dem großen Anteil
des Stadtbürgertums an der Wegebereitung für die Reformation und
deren Ausbreitung zu seinem ihm gebührenden Rechte zu verhelfen, derart
daß die verfassungsrechtliche Seite dieses Anteils gewertet, ein Beitrag
zur Vorgeschichte und Geschichte der Laiengemeinde im Rahmen der
lutherischen Kirchenverfassung gebracht werde. Diese Aufgabe ist in
der Weise gelöst, daß im ersten Abschnitt die Stellung der mittelalter-
lichen Stadt am kirchlichen Rechts- und Verwaltungsleben geschildert
wird, im zweiten aber die Tätigkeit der politischen Stadtgemeinde wäh-
rend des 16. Jahrhunderts in ihrer ganzen Kraft und Vielseitigkeit.
Man erkennt leicht, daß Sch. mit gutem Grund den Hauptnachdruck
auf den zweiten Teil seiner Ausführungen gelegt hat, mit denen er so
gut wie Neuland erschließt. Rechtshistorisch von größtem Interesse
ist der Nachweis, auf welchen Wegen sich der Durchbruch der Körper-
schafts-, des Gemeindegedankens vollzog. Eine bunte Fülle von Einzel-
beispielen ist gemeistert, und sie alle lassen erkennen, wie von Anfang
an die vorhandene bürgerliche Stadtgemeinde für das praktische Rechts-
leben die handelnden Organe in den Dienst der neuen Kirche stellte.
Der Rat „handelte nicht bloß als Stadtobrigkeit, sondern auch als Stadt-
gemeindehaupt, als ausführendes Organ der Bürgerschaft" (S. 34), so
z. B. hinsichtlich der Annahme des neuen Glaubens, der Bestallung der
Prediger und ihrer Besoldung, der Pfründen, der Stiftungen, der Güter-
verwaltung, der Kirchenordnungen. Aus allem erwächst eine Ergänzung
u. a. zu den an sich so dankenswerten Erörterungen von P. Drews (Der