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Rudolf Köstler,
„Domine Deus magne et metuende, iustus et fortis,
terribilis et misericors, clemens et potens, qui hominum
occulta noscis et quem nemo aliqua fraude fallere potest et
apud quem quaeque latentia sunt manifeste palam: da huic
populo praesentato in templo sancti tui nominis sacrato per
invocationem sanctae et individuae Trinitatis veritatem discer-
nere, falsitatem vanarum superstitionum abiicere, quatenus
huius sacerdotis illum reatum, quo criminatur, valeant noscere,
si vere an false infestatur. Suppliciter etiam maiestati tuae
fundimus preces, ut hoc venerabile Filii tui corpus in ara
crucis pro salute omnium immolatum, hic sacerdos illum, si
hoc crimine, quod ei obiicitur, est turpiter culpabilis, nequeat
sumere et quod ad remedium adversariorum esse debuerat,
sit ei noxium, dolore et contritione plenum et aerumnis
omnium amaritudinum perfusum. Per eum dem etc.“
Aus ihm ergibt sich, daß Gott gebeten wird, dem in
der Kirche versammelten Volke die Wahrheit darüber dar-
zutun, ob der eines Verbrechens beschuldigte Priester, dem
nun die Kommunion gereicht werden soll, dieses auch wirk-
lich begangen habe oder nicht. Seine Schuld soll daraus
ersehen werden können, daß er die ihm gebotene Eucharistie
nicht zu sich zu nehmen imstande ist. Die Wirkung soll
die gleiche sein wie die der Bissensprobe. Gott wird nur
um eine Entscheidung, nicht eine Bestrafung angegangen.
Das Abendmahl erscheint hier als Ordal in reinster Form.
Weniger gilt das von einem Anwendungsfalle, den uns
Johannes von Trittenheim fürs Jahr 11241) berichtet: Der
Abt des Klosters Limburg war verdächtig, aus Aberglauben
den Genuß gewisser Speisen im Kloster verboten zu haben.
Zum Erweise, daß das nicht auf des Teufels, sondern auf
Gottes Geheiß geschehen und er des Aberglaubens daher
nicht schuldig sei, trägt ihm der Bischof Arnold von Speyer
daraufhin den Empfang des Abendmahles auf. Der Abt
schwört bei Gott und allen Heiligen auf die Eucharistie, daß
') In der Literatur (außer bei Schmid, De modo probandi innoc.
per euch., p. 22sqq. und Franz, Benediktionen, II, 8. 342') allgemein
unter dem J. 1224 angeführt: Hildenbrand, Purgatio, 8. 30**; Dahn,
Gottesurteile, S. 15; Pfalz, Ordalien, 8. 15"; Patetta, Ordalie,
p. 209.