Der Anteil des Christentums an den Ordalien.
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Der Haupteinwand gegen den Ordalcharakter der Abend-
mahlsprobe *) ist der, daß nach den uns überlieferten Ordal-
1795, S. 71 ff.; Grimm, Rechtsaltertümer, II4, S. 597 (982); Wilda,
‘Ordalien’, S. 459; Hildenbrand, Purgatio, S. 28ff.; Dahn, Gottes-
urteile, 8. 18 ff., 87 und 43; Pfalz, ‘Ordalien’, 8. 13 ff.; Lea, Super-
stition and Force, p. 236 ff.; G. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte,
IV2, Berlin 1885 , 8. 429; Eaegi, ‘Gottesurteile’, 8. 5978; Kober,
‘Gottesurteile’, 8p. 922 f.; Patetta, Ordalie, p. 209 sgg.; Brunner,
Rechtsgeschichte, II, 8. 41374; 8 chrö der, Rechtsgeschichte®, 8. 377.
*) Für das Ordal des Abendmahles fehlt es an einer technischen '
Bezeichnung. Ausdrücke wie ‘eucharistia’ oder ‘communio’, ags. ‘husl’
(vgl. hierzu Die Gesetze der Angelsachsen, hgg. von F. Liebermann,
11/1 [Wörterbuch], Halle a. 8. 1906, 8.119, ‘husl’) umfassen das Abend-
mahl in allen Anwendungen, ‘examinatio sacrificii’ und ‘examen corporis
Christi et sanguinis’ können das Abendmahl als Ordal wie als Reini-
gungsmittel bedeuten. Streitig ist die Deutung der Worte ‘sancta con-
secratio’ in Concil. Tribur. (895), c. 21 (Mon. Germ, hist., Capitularia
regum Francorum, II [ed. A. Boretius et V. Krause], Hann. 1897,
p. 224). Vielfach wird unter diesen Worten die Abendmahlsprobe ver-
standen; Hilse (Abendmahlsprobe, 8. 40 ff.) hingegen will eine „feier-
liche Vorhaltung und Vermahnung“ mit folgender Wahrheitsbeteuerung
darunter verstehen. Wenn er hierbei bestreitet, daß im Mittelalter
‘consecratio’ jemals ‘Eucharistie’ bedeutete, so sei demgegenüber auf
das von Du Cange (Glossarium II, ‘2. consecrare’ [Consecratio, xsXsxri],
p. 513) beigebrachte unzweifelhafte Beispiel: „cui commisisti dominici
corporis et sanguinis consecrationem“ verwiesen (vgl. auch K. Schrod,
‘Messe’ [W. W., Kirchenlexikon, VIII2, Freiburg i. Br. 1893] 8p. 1332).
Brunner (Rechtsgeschichte, II, 8. 344f.) bezieht obige Worte auf die
Priesterweihe. Der Sinn der Stelle ist dann der: In einem Rechtsstreite
zwischen einem Priester und einem Laien soll der Laie (als Kläger) zur
Erhärtung seiner Klagebehauptung einen Voreid (praeiuramentum)
leisten, der Priester hingegen im gleichen Falle lediglich unter vor-
heriger feierlicher Ermahnung befragt werden (Hilse), bzw. sich auf
seine Priesterweihe berufen brauchen (Brunner). Die erstere Deutung
scheint mir gekünstelt, gegen die letztere ist an sich nichts einzu-
wenden. — In Reginos libri duo de synodalibus causis et disciplinis
ecclesiasticis, App. III, c. 44 (ed. F. G. A. Wasserschieben, Lipsiae
1840, p. 483) findet sich bereits statt ‘praeiuramentum’ bloß ‘iuramen-
tum’ und Burchards Decretorum libri XX, lib. II, c. 182 (Patrologiae
cursus completus, series latina, ed. J. P. Migne, CXL, Lut. Paris. 1853,'
coi. 655) ersetzt ‘constringatur’ durch ‘se expurget’. In dieser Fassung
blieb unsere Stelle weiterhin (Decretum Gratianum C. II, q. 5, c. 4
[Corpus iuris canonici ed. Ae. L. Richter - Ae. Friedberg, I, Lipsiae
1879, col. 455; vgl. dazu auch die Fußnote 20]). Der ursprüngliche
Sinn ist verloren gegangen, da ars dem Voreid des Klägers der Reini-
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