Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (5 (1915))

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Albert Werminghoff,

Hinterlassenschaft seines Vaters sie bestritten, um darüber
nach den Grundsätzen der Volkssouveränität zu verfügen.
Sie befehdeten in Sigmund zugleich den deutschen König,
der pflichtgemäß die Ablösung eines zum Reichsverband
gehörigen Reichslandes zu verhindern suchen mußte, dadurch
daß er seinerseits die Angehörigen des Reiches zur Abwehr
und zur Niederwerfung des Gegners aufrief.1) Die Natur
der Hussitenkriege war durch nationale, religiöse und kirch-
liche Gegensätze bedingt. In ihnen deckten sich das Interesse
und das Recht des Landesherrn zu Händen des Luxem-
burgers mit denen des deutschen Königtums, die derselbe
Fürst zu vertreten hatte. Sie waren, betrachtet vom Stand-
punkt des Reiches aus als der Zusammenfassung vieler
Gebiete, keine Kämpfe wider einen auswärtigen Feind,
sondern das Mittel, um ein widerstrebendes Reichsglied dem
Zwang der Reichsgewalt unterzuordnen. Derselbe deutsche
König aber war seit alters her Vogt und Schirmherr der
Kirche, dessen Gerechtsame gerade die jüngste Vergangen-
heit — die Zeit des Schisma — zu neuer Betätigung hatto
gelangen lassen. Ihm vornehmlich lag es ob, die Hussiten
als Feinde der Kirche und als abtrünnige Ketzer mit welt-
lichem Schwert in den Schoß der allgemeinen Kirche
zurückzuführen oder zu vernichten. Gleich der Waffenhülfe
von seiten der Reichsglieder mußte ihm die Unterstützung
durch die Kirche, ihre Leitung, ihre Organe und ihre Diener
willkommen sein. Seine Unternehmungen wurden gefördert,
wenn päpstliche Legaten auf den deutschen Reichstagen

x) Sigmunds Versuche einer Gewinnung der Reichsstände zum
Kampfe gegen die Hussiten begannen auf dem Reichstag zu Breslau
im Januar 1420; vgl RTA. VII, S. 386. Über den Reichstag zu Nürn-
berg im April 1421 vgl. ebd. VIII, 8. 1 ff.; im Einberufungsschreiben
vom 20. Dezember 1420 betonte Sigmund, daß die Bekämpfung des
böhmischen Unglaubens die gemeyn cristenheyt anruret und auch das
heilige riche und die crone zu Behem, die eyn merklich und wirdig glid
des heiligen richs ist (ebd. VIII, 8. 7 n. 2). Sigmund hatte die Hülfe
des deutschen Reiches um so nötiger, weil sein Königtum in Ungarn
keineswegs gesichert war und die Kämpfe mit Venedig, vor allem mit
den vordringenden Türken es gefährdeten; vgl. G. Beckmann, Der
Kampf Kaiser Sigmunds gegen die werdende Weltmacht der Osmanen
1392-1437. Gotha 1902.

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