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Literatur.
allen Statuten die Bestimmungen: „für den Pfarrer wird das ius parochiale
nirgends begründet" und „für den Unterhalt des Pfarrers findet irgend-
eine finanzielle Leistung aus öffentlichen Mitteln des Herzogtums nicht
statt". Damit soll allerdings nicht gesagt sein, daß etwa der Pfarrzwang
der Katholiken zur Landeskirche fort dauern soll, wennschon bei Be-
erdigungen und in manchen Bezirken auf dem Lande für alle Amts-
handlungen noch die Verpflichtung der Anzeige an das zuständige Pfarr-
amt der Landeskirche besteht. Mit jener Bestimmung soll aber zum
Ausdruck gebracht werden, daß „die Unterstellung der katholischen
Glaubensgenossen unter den Pfarrer nicht auf rechtlicher Verpflichtung
beruht, sondern als freiwillig gilt, und daher die Mitwirkung der staatlichen
Behörden nicht stattfinden kann, wenn es sich darum handeln sollte»
diese Unterstellung herbeizuführen oder zu den aus solcher etwa ab-
fließenden Verpflichtungen jemand anzuhalten" (vgl. das Statut für
Meiningen vom 20. Juli 1894 S. 148, dazu 8. 38f.).
Im übrigen enthalten die historischen Mitteilungen des Verfassers
manche Einzelheiten von allgemeinem Interesse. Im Jahre 1822 spricht
sich das Konsistorium zu Meiningen, dem die Aufsicht auch über das
katholische Kirchenwesen zustand, dem Generalvikariat des Bistums
Würzburg gegenüber für die Versetzbarkeit des Geistlichen in Wolf-
mannshausen aus und zwar mit der Begründung: „weil die Notwendigkeit
und Gewißheit, lebenslang in Wolf mannshausen bleiben zu müssen»
seinem Ansehen bei der Gemeinde schaden und in seiner dortigen Wirk-
samkeit nachteilig sein würden", worauf das bischöfliche Ordinariat
auch der bayrischen Regierung gegenüber den Standpunkt vertritt,
daß „in vielen Fällen die Versetzung eines Pfarrers teils aus billiger
Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse teils zum Behufe der
Gemeinde notwendig oder doch wünschenswert erscheinen muß". Im
Jahre 1829 verkauft die evangelische Kirchengemeinde eine ihrer Kirchen
an die katholische Gemeinde u. a.
In einem zweiten Teil macht der Verfasser dann Mitteilungen
über das geltende Recht. Er behandelt in drei Kapiteln die Rechts-
stellung der katholischen Seelsorgepriester, das katholische Kirchen-
vermögen und Einzelfragen (Amtshandlungen, Feiertage, religiöse
Kindererziehung, Austritt aus der Kirche, die Schulfrage u. a.). Eine
systematische Gliederung und juristische Durchdringung des Stoffs
fehlt dabei, und so bleiben denn auch wichtige kirchenrechtliche Fragen
unbeantwortet. Es wird nicht klar, ob die im 19. Jahrhundert gegrün-
deten Seelsorgestellen in den Diözesanverband des Bistums Würzburg
gehören oder nur von diesem beaufsichtigte Missionspfarreien sind.
Unklar bleibt es, inwieweit die katholischen Kirchengemeinden juristische
Persönlichkeit gewonnen haben (vgl. z. B. die Bemerkungen über
Hildburghausen S. 105, 108); als Rechtsträger des lokalen Kirchen-
vermögens erscheint übrigens noch mehrfach das Würzburger Dom-
kapitel. In den Bestimmungen des meiningischen Volksschulgesetzes
sieht Probst die Durchführung der „völligen Trennung von Kirche
und Schule", was angesichts der Anerkennung von Konfessionsschulen,