Kirchliches Abgabenwesen bei französischen Eigenkirchen. 437
Sekundäre Motive machten sich gewiß auch geltend.
So bezeichnete mehr als einmal die Vergabung einer Kirche
quam fecerat pater eius, et ipse libenter annuit. Fecit autem domnus
abbas mille missas cantari pro eo. Scripsimus etiam eum in
martyrologio nostro rogatu filiorum suorum." Das „martyro-
logium" ist hier das Verbrüderungsbuch — „liber vitae". Es überrascht,
daß Autoren wie Thalhofer-Eisenhofer, Liturgik I2, S. 86f. und
K. Bihlmeyer bei Buchberger, Kirchl. Handlexikon II, Sp. 870, diesen
Sprachgebrauch von Martyrologium gar nicht kennen. Wir ergänzen
hier aber auch H. Quentin, Les martyrologes historiques du moyen äge,
Paris 1908 (Vendöme fehlt hier), und G. Schnürer, Das Necrologium
des Cluniacenser-Priorates Münchenwiler (Villars-Les-Moines), Collectanea
Friburgensia XIX, Freiburg i. d. Schw. 1909, S. 99f.). Die gewiß hohe
Zahl der bewilligten Messen darf nicht überraschen. Wer sich hierfür und
für weitere Einzelheiten der monastischen Totenliturgie interessiert, den
verweise ich auf die lehrreiche Abmachung, die am 29. III. 1079 (Metais
1. c. nr. 242 p. 382) der miles Hugo de Aloia (Alluyes) und dessen Ge-
mahlin Richildis mit der nämlichen Abtei Vendöme trafen. Der Laie
gab hier seinen Zehnten und die sonstigen Bezüge, die ihm an der Kirche
zu Cosme („decimam totam de ecclesia, quae dicitur Cosma, integre cum
universis redditibus quoquo modo ad eam iuste pertinentibus habendam")
zustanden, an das Kloster und dieses gewährte ihm dafür Aufnahme in
seine Gebetsverbrüderung. Letztere wurde hier als „beneficium" ange-
sprochen. Ich kann hier nur andeuten, daß dabei lehensrechtliche Vor-
stellungen unterliefen (vgl. dazu auch A. Ebner, Die klösterlichen
Gebetsverbrüderungen bis zum Ausgange des karolingischen Zeitalters,
Münchener theol. Diss., Regensburg 1890, passim, ferner Herwegen,
Germanische Rechtssymbolik, 8. 337 Anm. 2). Um jedoch hier
gleich die kultgeschichtlich und auch rechtsgeschichtlich bedeutsamen
Momente festzuhalten, sei weiter aus diesem Verbrüderungsinstrument
bemerkt: „Nichil etiam omnino terrenae mercedis propter hoc requirentes
istud solummodo a fratribus eiusdem loci humili supplicatione quaesie-
runt, quatenus tam ipsi quam etiam omnes monachi Vindocinensis mo-
nasterii beneficium illis suum et orationis, sicut viventibus, ita etiam
defunctis perpetualiter communicarent; deprecantibus insuper hoc utri
utrorumque patris et matris similiter ut ipsi in orationes et bene-
ficium reciperentur (das Moment der Seelenpflege für die verstorbenen
Eltern und Ahnen trat immer wieder bei diesen Verbrüderungen zutage);
vgl. 8. 435 und siehe noch unten. Quod monachi gratanter suscipientes
talem cum eis orationum suarum et beneficio convenientiam pepigerunt.
Itaque, quamdiu vixerint, cotidie pro utrisque fiet missa una,
pauper unus pascetur, post evangelium psalmus unus canta-
bitur (diese Zusammenhänge von klösterlicher Armenpflege und von
monastischem Totengedächtnis wesen sind G. Ratzinger, Geschichte der
kirchlichen Armenpflege2, Freiburg i. Br. 1884, 8. 308ff., ganz entgangen,