Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (6 (1916))

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Eduard Eichmann,

so waren die ,,libelli“ die Pachtform für die Kleinpächter,
die coloni. Die Pachtzeit betrug hier 29 Jahre. Kaiser
Anastasius hatte nämlich Cod. XI 48, 19 bestimmt, daß
Bauern, welche über 30 Jahre als Pächter auf demselben
Grund und Boden arbeiten, an die Scholle gebunden sein
sollten. Dem suchten die Kolonen zu entgehen, indem sie
die Pacht immer nur auf 29 Jahre schlossen und dann
wieder auf dieselbe Zeit erneuerten. Die Leistungen des
Kleinpächters bestanden in Naturalabgaben und Fronden.1 2)
Die Gefahr der Entfremdung des Gutes war bei der Klein-
pacht naturgemäß geringer als bei der Großpacht, wenn-
gleich auch hier eine Renovationspflicht sich gebildet haben
dürfte; dagegen war von den coloni eher eine rücksichts-
lose Ausnützung als eine Melioration des Gutes zu erwarten.
Begreiflicherweise waren also die Kirchengüter der Ge-
fahr der Entfremdung oder Verschlechterung ausgesetzt und
die Kirche zudem in ihrer Verfügungsfreiheit erheblich be-
schränkt. Daher die Versuche auf den Synoden von Ra-
venna 877 2) und 8983 4), die Verleihung von Kirchengut ein-
zuschränken; gewisse Güter sollen, außer an familiares des
Papstes, nicht ausgeliehen, sondern für die Verwaltung des
Lateranpalastes reserviert werden ; „contra rationem“ aus-
geliehene Güter sollen zurückgezogen werden. Aber auch
die Kaiser sind interessiert. Sehr lehrreich ist in dieser
Beziehung die Constitutio Ottos III. vom 20. September
998.4) Die Bischöfe, heißt es hier, leihen Kirchengüter5)
aus nicht zum Nutzen der Kirche, vielmehr zur eigenen
Bereicherung oder aus Gründen der Verwandtschaft und
Freundschaft. So kommen Kirchengüter in fremde Hände,
und die Bischöfe sind infolgedessen nicht mehr in der Lage,

1) E. M. Hartmann, Bemerkungen zum Codex Bavarus, in MIÖG.
XI 364 ff.
2) c. 15 und 17. Labb6 et Cossart, Concil. VI188.
3) c. 8, MG. Capitul. II125. Hartmann, Geschichte Italiens III 2.
1911, 38» 130. — Vgl. auch die capitula per se scribenda 818, 819 c. 4,
MG. Capitul. I 287.
4) MG. Const. 150.
6) Die Konstitution macht keinen Unterschied zwischen eigent-
lichem Kirchengut und Reichskirchengut.

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