Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (6 (1916))

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Heinrich Singer,

(der nicht mehr unter den Lebenden weilte) und das
von ihm in den damals, selbst an der Kurie, schon ver-
schollenen Liber septimus aufgenommene c. Quia frequenter
völlig unbeachtet. Wie es scheint, haben bei diesen Ver-
handlungen zunächst weder die Wortführer einer durch-
greifenden Reform, noch die ein zurückhaltenderes Vor-
gehen begünstigenden Stimmen der Frage der Selbstwahl
im Konklave besondere Wichtigkeit beigelegt. Es ist viel-
mehr nur dem persönlichen Standpunkte Gregors XV. und
einzelner ihm nahestehender Berater aus dem Kardinal-
kollegium zu danken, daß jede Möglichkeit einer Selbstwahl
im Konklave bei der Reform der Papstwahl beseitigt
wurde. Die Agitation, welche den bisherigen Rechtszustand,
der im Einklänge mit den allgemeinen Grundsätzen des
kirchlichen Rechtes auch im Konklave die Selbstwahl
innerhalb gewisser Schranken zuließ, seit dem XVI. Jahr-
hunderte bekämpft hatte, war im großen und ganzen
bisher nicht von Erfolg gewesen. Die traurigen Ereignisse,
welche einst diese Agitation sozusagen als eine Art Reflexiv-
bewegung ausgelöst hatten, kamen für die durch eine
parteiische Geschichtsschreibung irregeführten Zeitgenossen
Gregors XV. in diesem Zusammenhänge kaum mehr in
Betracht. Von aktueller Bedeutung waren wohl nur
mehr die Vorgänge im Konklave des Jahres 1592, durch
die ja eben auch Pinelli zu seiner entschiedenen Stellung-
nahme gegen die Selbstwahl bewogen worden war. Aber
die Zahl derjenigen, welchen diese Vorgänge und deren
besonders peinliche Einzelheiten noch aus eigener An-
schauung genauer bekannt waren, wurde täglich geringer,
und da die Erinnerung an das große Ärgernis im Kon-
klave Clemens’ VIII. verblaßt war, so wurde die Frage
der Selbstwahl auch an der Kurie mehr und mehr wieder
im Sinne der überlieferten, in der Schule stets herrschend
gebliebenen Auffassungen beurteilt, und selbst Stimmen,
welche bei den die Wahlbulle Gregors XV. vorbereitenden
Verhandlungen einen kaum zu überbietenden rigoristischen
Reformeifer bekundeten, glaubten dennoch für die Selbst-
wahl im Konklave eintreten zu sollen.1) Einzelne ältere

x) Zum Belege für diese Angaben verweise ich darauf, daß ein der

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