Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (3 (1913))

Bußbücherstudien.

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an ein anderes Bußbuch sich anzuschließen oder ein be-
stimmtes System zu verfolgen, eine Gegenüberstellung und
teilweise auch eine Ausgleichung der widersprechenden Ju-
dizien durchzuführen. Hierbei leitet ihn zunächst die Betonung
der kanonischen Bußlehre gegenüber der milderen angel-
sächsischen Bußpraxis. Dieser Standpunkt macht aber im
zweiten Dritteil der Sammlung einer weitgehenden Bevor-
zugung des altcummeanischen Bußbuchs sowie der unter
dem Namen Egbert und Beda verbreiteten Excarpsus Platz.
Insbesondere die diesen letzteren eigentümlichen Texte und
Anschauungen werden sowohl für die weitere Einteilung wie
für die Auswahl der Bußnormen in ausgiebigster Weise
herangezogen, so daß der Einfluß dieses Materials für den
Charakter des Bußbuchs entscheidend wird.
Die Benützung der E. Egberti und E. Bedae als Vorlage
ergibt im Zusammenhänge mit der festgestellten Entstehungs-
zeit unseres Bußbuchs die zweifellose Unrichtigkeit der von
Schmitz vertretenen Annahme, welche die Entstehung dieser
Excarpsus in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts versetzen will.
Inhaltlich vertritt unser Bußbuch noch durchaus die buß-
und strafrechtlichen Lehren, welche die fränkische Kirche
und das zeitgenössische weltliche Reichsrecht gegen Ausgang
des 8. Jahrhunderts charakterisieren.
Das Poen. Martenianum ist bisher nur in der einen ob-
genannten Handschrift bekannt und scheint nicht viel Verbrei-
tung gefunden zu haben, da sich nur die Benützung durch
das p. Remense nachweisen läßt, das um die Mitte des 9. Jahr-
hunderts entstanden sein dürfte und möglicherweise auch aus
einer gemeinsamen Vorlage geschöpft haben kann. Zweifellos
ist der Mangel an durchgreifender Ordnung und sachlicher
ist, somit jene selbst wohl kaum nach der Mitte des 8. Jahrhunderts
entstanden sein dürfte. Es ist also wohl wahrscheinlicher, daß die
Poenitentialnormen, die die Sammlung am Ende zusammenstellt, ein
später beigefügter Anhang sind, der allerdings dann sehr viel Material
mit dem poen. Merseburgense oder unserem Bußbuch gemeinsam haben
kann, denn es ist nicht anzunehmen, daß eine allgemeine Rechtssamm-
lung, die das p. Merseburgense und die theodorischen Bußnormen be-
nützt, keine einzige Konziliarnorm des 8. Jahrhunderts aufweisen sollte.
Ich behalte mir eine nähere Prüfung des Cod. Vindobon. 522 (Salisb. 879)
eaec. X. der besprochenen Sammlung nach dieser Richtung vor.

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