Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (3 (1913))

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Erwin Jacobi,

§ 12. b) Beweismittel.
Als Beweismittel werden im Dekret und bei den Dekre-
tisten Geständnis, Zeugen, Urkunden und Eid erwähnt.
I. Beim Geständnis1) wird vor allem hervorgehoben,
daß es freiwillig2) abgelegt sein muß, also, wie Gratian in
einer eigenen Quaestio im Anschluß an Pseudoisidor fest-
stellt3), nicht durch peinliche Fragen (questiones, cruciatus,
tormenta) erpreßt sein darf. Seine Wirkung wird von Gratian
in fester Regel auf die den Geständigen selbst betreffenden,
ihm ungünstigen Tatsachen beschränkt.4)
II. Der Zeugenbeweis wird im Dekret bei weitem am aus-
führlichsten behandelt, und zwar unter vorwiegender Berück-
sichtigung pseudoisidorischer Kanones5), die in ihrem Be-
streben, eine Anklage gegen Bischöfe von vornherein unmög-
lich zu machen0), namentlich die Fähigkeit zur Zeugnis-
ablegung an zahllose erschwerende Bedingungen knüpfen.
Dabei verbindet Gratian, wie schon erwähnt7), die Frage
nach der Zeugnisfähigkeit mit der nach der Anklagefähigkeit,
indem er in einer besonderen Quaestio8) den anschließend
auch von den Dekretisten9) zu Grunde gelegten Satz aufstellt:
*) 8. o. 8. 294 f. — 2) Vgl. C II q 1 und die dort häufig, namentlich
in der Überschrift zu c 1 ersichtliche Betonung des sponte confiteri,
auch den Kanon Nikolaus’ I. in c 4 C XXXI q 2 § 1, wonach ein er-
zwungenes Geständnis nichtig ist. — 3) Causa XY: Ein wegen Fleisches-
vergehen angeklagt er Kleriker leugnet, tandem episcopus questio-
nibus confessionem extorquet. Gratian fragt (q 6), an eius confessio
cruciatibus sit extorquenda, und verneint das unter Berufung auf einen
pseudoisidorischen Kanon (e 1 C XY q 5). Ebenso Paucapalea 8. 85
zu C XV q 6, Rolandus 8. 33 zu C XV q 3, S. 34f. zu C XV q 6.
Rufinus 8. 348 ff. zu C XV q 6 und nach ihm Stephanus 8. 221 1. c,
führen mehrere dem römischen Recht entnommene Ausnahmen an, in
denen, wie z. B. bei servi, eine Marter zulässig sein soll; vgl. auch § 13
dict. Gr. p. c 41 CII q 6 = C 7, 65, 2. — 4) dict. Gr. p. c 5 C XV q 3, unter
Berufung auf eine pseudoisidorische Vorschrift gleichen Inhalts (c 5 l.c.). —
e) Die Fülle von direkten Zitaten aus Codex und Digesten über den Zeugen-
beweis, die im dict. Gr. p. c 2 und namentlich inc 3 CIVq 2 et 3 begegnet,
bleibt außerhalb der übrigen Darstellung des Dekrets stehen und wird auch
von den Dekretisten wenig beachtet. Im wesentlichen handelt es sich um
dieselben Sätze, die in den pseudoisidorischen Kanones begegnen. Vgl.
auch Molitor a.a. 0. S. 95. — ®) S. o. S. 248 Anm. 3. — 7) S. o. § 6 S. 248.
— 8) C IV pr.: Tertio, utrum ab accusatione prohibitus personam testi-
ficantis possit assumere? — ®) 8. o. S. 255 mit Anm. 3. Auf eine schein-

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