Full text: Neues Archiv für preussisches Recht und Verfahren, sowie für deutsches Privatrecht (Jg. 9 (1844))

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lichen Prozesse in erster Instanz bis zum Schluß neue
Thatsachen, neue Beweismittel, neue Einreden zulässig
sind, welche im summarischen Prozesse wegen Lcrspa-
tung häufig erst in 2tcr Instanz geltend gemacht wer-
den können.
Man sieht also, daß die richterlichen Entscheidungen
in summarischen Prozessen den in ordentlichen Prozessen
nicht an Vertrauen bei den streitenden Theilen nach-
stehe». Warum sich bei einer so tüchtigen schriftlichen
Grundlage, wie dem summarischen Prozesse durch eine
schriftliche Klage und Klagcbeantwortung gegeben ist,
derselbe nicht für alle Prozesse eignen soll, will uns
nicht klar werden. Fast fünf Jahre Mitglied einer.
Deputation zweiter Instanz bei einem Obcrgerichte, wa-
ren wir selbst bei den vcrwickeltcsten Rechtsstreiten nie
in der Lage, die Behandlung einer Sache im ordentli-
chen Prozesse zu wünschen.
Eine Lloße Ausdehnung des summarischen Ge-
setzes wird nur eine halbe Maaßregel sein; Prinzipien
lassen sich nicht, wie streitende Partheien, durch wechsel-
seitiges Nachgcben ausgleichen, und die Wahrheit läßt
sich nicht so hcrausfinden, daß man zwei kontraire An-
sichten auf zwei äußerste Endpunkte stellt, und sich mit
einer dritten, welche etwas von der einen, etwas von
der andern annimmt, in die Mitte. Was will es fruch-
ten, wenn der alte Prozeß noch die lebensmüden Glie-
der ein Menschenalter durch das junge Geschlecht fort-
trägt? „Daß ein Verfahren, sagt Puchta *), welches
Mut das Wesentliche des Verhandelten durch die Schrift
bewahrt, das Uebrige aber blos den Ohren anvertraut,
ehe „och rin Menschenalter vergeht, in Deutschland ein-
heimisch werden dürfte, ist aller Anschein vorhanden,
M>«m zumal der Versuch, den Preußen mit dem Gesetz
über den'Mandats-, summarischen und Bagatell«Prozeß
gemacht hat, den Erwartungen entsprechen sollte." Wie
diese Erwartungen erfüllt sind, ist bekannt.
*> Archiv für Civil. Praxis. Bd. 17 S. 389.
Jahrs. 2S Hcft. 22

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