Full text: Neues Archiv für preussisches Recht und Verfahren, sowie für deutsches Privatrecht (Jg. 9 (1844))

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fremd geblieben, und statt Wahrheit vorzutragen, die
Welt nur mit falschen Deklamationen zu belügen sucht.
In den Zeiten des Faustrcchts und der wildesten Par-
theikämpfe fand die Freiheit in den geistlichen und höch-
sten weltlichen Reichsgerichten ihren einzigen Schutz.
Dies ist von allen wahrhaft historischen Männern so oft
und so nachdrücklich dargcthan, daß keine klingenden
Worte, keine hochgrtragenen Phrasen diese ausgemachte
Thatsache bei einem denkenden Manne in Zweifel stellen
werden. Allein der schriftliche Prozeß ist setzt, wo über-
all im deutschen Reiche Sitte, Wißcnschast und Ord-
nung herrscht, kein Palladium der Freiheit mehr, und
er ist für den gegen die frühere Zeit in's Unglaubliche
gestiegenen Verkehr, für die Beweglichkeit des Zeitalters
eben so wenig passend, wie unsere ehemaligen Straßen
für rin Publikum genügen,-welches auf Eisenbahnen ju
fahren gewohnt ist. Keiner, kann sich gegen die That-
sache verschließen, daß kn allen Landern, wo mündliches
und öffentliches Verfahren besteht,-von Niemand, wel-
ches auch sonst seine Politischen Ansichten und Bekennt-
nisse sein mögen, eine Umkehr zu dem schriftlichen und
heimlichen Verfahren gewünscht wird; daß dagegen dort,
wo noch das alte Verfahren herrscht, die Klagen weder
-durch halbe Konceffionen, noch durch muthigeS Abwar-
ten sich zur Ruhe legen wollen. Es gibt keine
Wahrheit, für welche die allgemeine Erfahrung-ein-
leuchtender spricht, als daß das-lebendige Wort unend-
lich starker anregt, als die Schrift. Wäre dies nicht,.
so könnten wir unsere juristischen, philosophischen und
theologischen Hörsäle schließen, denn es fehlt in allen

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