Full text: Neues Archiv für preussisches Recht und Verfahren, sowie für deutsches Privatrecht (Jg. 9 (1844))

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'I. Mündliches und öffentliches Verfahren.
Me. Zeichen der Zeit deuten .darauf hin, daß das
schriftliche Verfahren in. Prozessen,, sei- es in gewechselten
Schriften oder das protokollarisch -schriftliche, in Deutsch-
land bald sein Ende erreichen wird. Wenn ein Gebäude
von allen Seiten Stützen erhält, denkt jeder Wan«
derer, welcher auch die innere Schadhaftigkeit nicht un-
Macht hat, an den nahen Untergang. Kein Ländchen
drsii gemeinrechtlichen Verfahrens ist so klein, wo man
Mt.dem. gemeinrechtlichen Verfahren durch Novellen
mrfzuhxlfen sucht. Man bestrebt sich durchgängig, dem
gemeinrechtlichen. Verfahren etwas von dem mündlichen
beizumischen. Aber gießt man frischen Wein in alte
Schläuche? Leider hat sich in Deutschland die Sache
so. gestaltet, daß die Reform unserer Prozeßgesetze in
den Kreis der Partheifragen hinekngezogen ist. Uns
will es scheinen, daß in dem Bestreben, das für unsere
Zeit nicht mehr, passende gemeinrechtliche Prozeßverfah-
ren aufrecht zu erhalten, etwa in dem Sinne ein kon-
servatives Handeln liegt, in dem man. gegen Eisenbah-
nen und Kunststraßen ankämpft und die alten Erddämme
b/ibehalten will. -— Wer ein so tiefes Bedauern dar-
über, ausdrückt, daß der gemeinrechtliche schriftliche Pro-
zess das altdeutsche schriftliche Verfahren verdrängt habe;
wer gar rhöricht genug ist, die Welt zu überreden, daß
Deutschland diesem Verfahren den Untergang seiner Frei-
heit Schuld zu geben habe, uud das Reich dadurch den
Keim zu seinetn Sturze gelegt, der beweis't freilich, daß
er den deutschen Zuständen des Mittelalters gänzlich

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