Full text: Neues Archiv für preussisches Recht und Verfahren, sowie für deutsches Privatrecht (Jg. 10 (1845))

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mit so hartnäckiger Beharrlichkeit kämpft, als stecke die
leibhaftige Revolution und Reaktion dahinter, wahrend
es sich doch nur darum handelt, wie man auf die
sicherste und einfachste, und, was die Hauptsache ist,
auf die für die Parteien befriedigendste Weise zu sei»
»cm Rechte gelangt.
Äcbnlich wie mit der Deffcntlichkcit und Mündlich-
keit verbält cs sich im Civilprozcsse mit der sogenannten
Verhandlungs- und Untersuchungsmarime. Im deut-
schen gemeinen Prozesse war bekanntlich die ersterc herr-
schend. Es geschah im Prozesse nicht nur nichts ohne,
sondern, was noch schlimmer war, fast Alles auf de»
Antrag der Parteien oder vielmehr ihrer Sachwalter,
und da eine .stontrole der letzteren von Seiten der Rechts-
unkundigen Partei unmöglich, von Seiten der Richter
aber nicht zulässig war, so war Partei, Prozeß und
Richter der Willkühr der Advokaten völlig preisgegeben,
und sie benutzten diese Willnhr, wie es ihrem Intercsic
entsprach, um die ibnen anvertraute Sache durch alle
Windungen und Jrrgänge eines selbstgeschaffenen Laby-
rinths hindurchzuführen, in welchem sie schließlich selbst
die Rolle des Minotaurus zu übernehmen pflegten So
ward die deutsche Gerechtigkeit zum Gespött des In-
und Auslandes, Dichter und Prosaiker übcrbotcn sich
in Satiren, und noch heute sorgen Pfeffcl's und
Gellcrr's Gedichte dafür, daß das Andenken an jene
trostloje Zeit bei der jüngcrn Generation nicht er-
lischt. Dies Ertrem der Berhandlungsmarime, die un-
beschränkte Herrschaft der Advokaten über den Prozeß,
war also der Grund zum Verfall des Prozesses wie der

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