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man nicht annehmen, daß entweder der §. 443., ganz.
dasselbe sage, was bereits §. 432. verordnet worden, so
müsse man die fraglichen Gesetzstellen so interpretiren:
„haben Aeltern rin Kind völlig enterbt; aber gar keinen,
„oder doch keinen gesetzmäßigen Grund angeführt, so
„kann das Kind die Verordnung innerhalb der ge-
„wöhnlicben Verjährungsfrist anfechten; behauptet aber
„das Kind, daß die, wiewohl gesetzmäßige, Ursache der
„Enterbung, ungegründet sey, oder ist keine völlige
„Enterbung, sondern nur eine Verletzung im Pflicht-
„theile vorhanden, so muß das Testament innerhalb
„2 Jahre angefochten werden."
Es komme hiernach im vorliegenden Falle lediglich
darauf an, ob in dem älterlichen Testamente ein gesetz-
licher Enterbungsgrnnd enthalten sey? — Das An-
sichten des älterlichen Willens werde in dem Testamente
offenbar , nur als Bedingung der Enterbung angeführt,
hinsichtlich der Enterbungs-Ursache aber ausdrücklich auf
das privilegium nobilium hingewiesen, welches eine
Enterbung eintreten lasse; wenn Töchter ohne Einwilligung
oder gegen den Willen der Aeltern hcirathen. -
Zur Zeit der Errichtung und der Publikation deS
Testaments habe , aber qn. dem Wohnort der Aeltern, wo
die drei ersten Titel vom II. Theile des A. L. R. sus-
pendirt gewesen, jenes privilegium noch gegolten. Es
könne also auf die . Frage, in wie fern die Enterbungs-
Ursache gegründet: sey, d. h. ob sich Klägerin wirklich
ohne Consens.ihrer Aelteru vcrheirathet habe,, nicht, mehr
SvkAnmen. j-c ,;V