Full text: Neues Archiv für preussisches Recht und Verfahren, sowie für deutsches Privatrecht (Jg. 13 (1848))

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mit vierwöchentlicher bis sechsmonatlicher Freiheitsstrafe
belegt werden sollen. In der Anwendung legt diese
Bestimmung eS lediglich in das vage richterliche Arbitrium,
ob ein Geistlicher, der die Unterscheidungslehren seiner
Kirche scharf vorträgt, als einer, der Haß und Verbitte-
rung zu erregen sucht, zu entsetzen. ES ist noch nicht
lange her, daß das OberlandeSgericht zu Ratibor einen
katholischen Kaplan, weil er das Schädliche und Gefähr-
liche der gemischten Ehen auf der Kanzel scharf und aller-
dings sehr rücksichtslos hervorhob, auf Grund dieser
Bestimmungen kaffirte und zur Festung Kose! brachte! Das
zeugt doch offenbar von bloßer Duldung; der Geduldete
darf sich nicht eben breit machen, muß Manches von sei-
nen Ansichten für sich behalten! — Der Kriminalgesetz-
Entwurf ging nun noch weiter. Cr ließ die Geistlichen
kassiren und mit Freiheitsstrafen belegen, die es wagten,
Verfügungen der Regierungen in Sachen des jus
circa sacra wiederholt entgegen zu handeln. Aus dem
jus circa saora, was nur ein völkerrechtliches Vertheidi-
gungSrecht ist, ward so ein völlige- Herrscher-Verhältniß.
Der Ausschuß wollte die Sache einigermaßen wieder gut
machen, indem er statt der Verfügungen unserer so-
nach infallibel werdenden Provinzial - Regierungen doch
wenigsten- die Gesetze über da- jus circa socra setzte.
Allein wer macht diese Gesetze? Doch auch nur der bis-
herige Polizeistaat! Und wie kann man aus solchen bloß
Abwehr gegen eine gleichberechtigte Gewalt bezweckenden
Gesetzen ein Strafrecht gegen die Kirchenbeamten selbst
herleiten? Es ist immer die alte Vergliederung der evan-
gelischen Kirche mit dem Staate unter demselben Bischof,
Landesherrn, welche hier aus völkerrechtlicher Abwehr
Herrschaft-rechte ableitet. So wollte man auch au- ein-
zelnen Bestrafungen Geistlicher von selbst ihre Kassation

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