Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 57 = 2.F. 21 (1910))

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Krückmann,

daß es sich um eine prozessuale Vorschrift handele, die mit dem
materiellen Recht nichts zu tun habe, jedenfalls dem materiellen
Anspruch keinen besonderen Inhalt geben könne rc. Dies trifft
nicht zu, weil die verordnende Norm auch privatrechtlicher Natur
ist. Ueberdies würde diese Beweisführung auf der in neuerer
Zeit glücklicherweise immer mehr verlassenen Anschauung be-
ruhen, die den Zusammenhang zwischen privatrechtlichem An-
spruch und Prozeßrecht ganz lösen wollte, Geib, a. a. O.
S. 44 ff. Aber dies ist nicht allein maßgebend. Es kommt
noch verschiedenes hinzu. Zunächst ist zu «beachten, daß folge-
richtig aus der juristischen Bedeutungslosigkeit jeglichen Leisten-
sollens sich ergibt: Die Erfüllung der ehelichen Pflichten, aber
auch umgekehrt das private Verlangen ibrer Erfüllung wird
nur durch das Müssen gerechtfertigt. Man erwäge, daß der
Ehegatte dem Ehegatten gewisse Zumutungen stellen kann, die
bei anderen Personen die schwerste Beleidigung sein würden.
Aber selbst dies entscheidet noch nicht, wichtiger ist, daß die
Befugnis, die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu
verlangen, nicht isoliert betrachtet werden darf, da sie nicht
isoliert entsteht. Sie ist ja doch nur einer der mehreren Be-
standteile in dem Rechte des Ehegatten, muß also, um recht
verstanden zu werden, als bloßer Rechtsbestandteil, nicht aber
als ein die ganze Rechtswirkung erschöpfendes Bollrecht oder
Gesamtrecht angesehen werden. Erschöpfte sich die Wirkung
der Ehe in dem Anspruch auf Herstellung der ehelichen Lebens-
gemeinschaft, könnte allerdings gefolgert werden, daß die Ehe
nur Sollwirkungen, keine Mußwirkungen habe. Daß das
Gegenteil der Fall ist, lehren, abgesehen von jeglichem ehelichen
Güterrecht, die §§ 1354, 1355, 1356 mit 1359, 1360, 1361;
in höchster Steigerung § 1358. Daneben fällt es gar nicht
in die Wagschale, daß eine einzelne bestimmte Befugnis auch
nicht mittelbaren Zwang nach sich zieht. Dieser eine Bestand-

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