Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 57 = 2.F. 21 (1910))

Zweifelsfragen über den Beginn der Versicherung.

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Annahme meines Antrages entschlossen, so bin ich nicht ver-
pflichtet, zu vereiteln, daß der Vertrag sofort oder zum
bestimmten Tag zustande kommt. Gegenteils ist es Pflicht des
Versicherers und des Agenten, für schleunigste Uebergabe des
Scheins an mich zu sorgen, und es liegt im Wesen der vom
Versicherer übernommenen Gefahrtragung, daß der Versiche-
rungsnehmer nicht zu Anzeigen verpflichtet ist, die nur be-
zwecken, eine vom Gesetz gewollte Haftung des Ver-
sicherers auszuschließen. Denn § 7 will ja gerade, daß, falls
der Versicherer den Antrag annimmt, er einen am Tag der
Annahme nach der Mittagsstunde vorkommenden Versicherungs-
fall als für ihn verbindlich gelten lassen muß. Hat mir also
der Agent am 1. Januar mitgeteilt, daß der Schein bei ihm
gegen Zahlung der Prämie zu meiner Verfügung liege, und
erleide ich an diesem Tage nach der Mittagsstunde einen Brand-
schaden, so bin ich nicht verpflichtet, dem Agenten von diesem
Brand Mitteilung zu machen, also die vom Gesetz gewollte
Folge der Haftung des Versicherers zu dessen Vorteil zu ver-
eiteln.
4. Das eben Gesagte gilt nur für Versicherungsfälle, die
sich ereignen nach dem Mittag des Tages, an dem
der Vertrag zustande kommt. Schäden, die der An-
tragsteller erleidet in der Zwischenzeit zwischen Stellung des
Antrages und dem Mittag des Abschlußtages, sind nicht „Ver-
sicherungsfälle", d. h. der Versicherer ist für sie, wie schon zu 1
erwähnt, nicht leistungspflichtig. Es fragt sich nun, welche
Rechtsfolgen Schäden dieser Art haben.
Gerhard in Manes Kommentar S. 21 führt hierüber
aus: Der Versicherungsvertrag entbehre der Gültigkeit auch
dann, wenn eine Veränderung der im Antrag angegebenen
Umstände zur Zeit der Annahme eingetreten war. Die all-
gemeinen Vorschriften des BGB. enthielten hierüber, abgesehen

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