Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 57 = 2.F. 21 (1910))

Nachlese zur Unmöglichkeitslehre.

173

Recht oder bloß unrichtigen Rechtsschein hatte, da ferner die
Vergangenheit nicht mehr nachträglich geschichtlich verändert
werden kann, konstitutive Wirkung ex tune mit dem Wahr-
heitsanspruch schlechthin unvereinbar ist, da ferner zwischen den
Urteilen auf Grund eines wirklich vorhandenen Rechts oder
auf Grund eines bloßen unrichtigen Rechtsscheins nicht unter-
schieden werden kann, muß in allen Fällen das Urteil nur zu
einem Rechtsschein führen. Nach allen Regeln der Kausalität
ist es unmöglich, daß der Rechtsschein, außerprozessualer wie
innerprozessualer, im Urteil zu mehr als Urteilsrechtsschein führe,
mehr als Rechtsscheinrechtskraft gewinne, folglich muß sich
alle Urteilswirkung, da Unterschiede sich nicht
machen lassen, auf diese Rechtsscheinrechtskraft
beschränken.
Im Grund dieselbe Erwägung ist es, wenn man von
den Prozeßrechtsgeschäften der Parteien ausgeht. Der Prozeß
enthält einen Komplex von Prozeßrechtsgeschäften, vergl.
A. S. Schultze, Privatrecht und Prozeß S. 287 ff., vergl.
auch ZZP. 12, 470 ff.; Proz. Zeitbest. S. 14. Sehen wir
von der richterlichen Tätigkeit ab, so bleibt doch für die Par-
teien so viel übrig, daß man fragen muß, wo denn die Wirkung
dieser Prozeßrechtsgeschäfte am Schluffe des Prozesses eigentlich
bleibt. Entweder die Parteihandlungen haben juristische Be-
deutung noch am Schluffe des Prozesses oder sie haben sie
nicht. Da das zweite ausgeschlossen ist, die Wirkungen der
Prozeßhandlungen nicht einfach verschwinden können, muß not-
wendig der durch das Urteil geschaffene Rechtszustand mindestens
durch die Parteien mitverursacht worden sein. Dies muß von
allen Urteilen gleichmäßig gelten, woher auch die Partei ihre
Befugnis nimmt, ob aus wahrem Recht oder aus bloßem
Rechtsschein. Kraft eines rein prozessualen Rechtsscheins ist
die Partei aber unter allen Umständen unfähig, materiellrecht-

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer