Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 57 = 2.F. 21 (1910))

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Krückmann,

nun nicht einmal Zurücknahme ohne Einwilligung des Be-
klagten mehr möglich ist.
Hat der Zivilprozeß als Parteiverfahren über eigenes
Recht überhaupt Sinn, so folgt aus dieser seiner Natur, daß
der Berechtigte auf eigene Gefahr seinen Anspruch geltend
macht. Die Folgerung aus dieser nirgends bestrittenen Triviali-
tät ist, daß der Anspruch den rechtskräftig entschiedenen Prozeß
keinesfalls überdauern kann, auch nicht unter-Annahme eines
idealen Daseins.
Diese mehr rechtspolitischen als dogmatischen Erwägungen
ergänzen sich durch die andere, daß der Privatrechtsanspruch
schlechthin identisch ist mit dem Rechtsschutzanspruch, dieser aber
durch die mit dem rechtskräftigen Urteil abschließende Ausübung,
wie das Urteil auch fallen möge, untergeht, vergl. Hölder,
Rektoraisrede, Ueber das Privatrecht als Objekt gerichtlicher
Geltendmachung S. 17.
Die Folge ist, daß Rechtskraftwirkung etwas ganz anderes
sein muß, als bloß prozessuale Unbestreitbarkeit. Hier hilft
abermals die Rechtsscheintheorie. Die Lehre: Rechtskraftwirkung
= Unbestreitbarkeit krankt genau an demselben Fehler, der
durch das ganze Schrifttum über den Rechtsschutzanspruch als
roter Faden sich hindurchzieht. Die Formel ist negativ und
darum unfähig, die positiven Wirkungen zu erklären. Da wird
man einwenden, die Unbestreitbarkeit bringe ja gerade den
positiven Inhalt des rechtskräftigen Urteils zur Geltung. Das
tut sie nicht, da sie es höchstens mittelbar tut. Aber zu-
gegeben, sie täte es, dann stelle man auch die Formel positiv
auf den positiven Inhalt dieses Urteils ab und dies kann nur
durch den Urteilsrechtssckein geschehen, der auch hier die
Versöhnung der einander widerstreitenden Theorien darstellt. Er
enthält die wesentlichen Elemente, die von beiden Seiten als
unentbehrlich und bisher als unversöhnbar betrachtet werden.

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