Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 57 = 2.F. 21 (1910))

Nachlese zur Unmöglichkeitslehre.

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freien Beweiswürdigung) gaben, noch etwas vertiefen. Auch
bei Versäumnis und Anerkenntnis geht es ohne eine richter-
liche Wertung nicht ab. Der Richter muß werten, ob das
Vorgetragene schlüssig ist, genauer ob es den Schluß auf den
Rechtsschein erlaubt (Versäumnisurteil); oder aber er muß
werten, ob die von dem Beklagten abgegebene Erklärung
schlüssig ist für einen Rechtsschein des Klägers (Anerkenntnis-
urteil), ob die Erklärung des Beklagten eine Willenserklärung
und insbesondere ein Anerkenntnis ist re. re. Daraus folgt:
der den Richter zwingende Rechtsschein des Klägers kann sich
ohne entsprechenden Vorgang im Gehirn des Richters bei Ver-
säumnis, Anerkenntnis ebensowenig bilden wie bei der freien
Beweiswürdigung. Es handelt sich nur um quantitative Unter-
schiede und entsprechend besteht auch bei Versäumnis und An-
erkenntnis der zwingende Rechtsschein nur im Gehirn des
Richters.
Mit dem Parteieid steht es auch nicht anders, hier ist
sogar durch die Gliederung unseres Verfahrens in verschiedene
Abschnitte besonders deutlich gemacht, daß der Kläger berechtigt
ist, einen durch die Eidesleistung oder Eidesweigerung zu seinen
Gunsten innerprozessual entstandenen Rechtsschein geltend zu
machen. Freilich liegt hier die Sache nicht so, wie bei dem
Anerkenntnis des Anspruchs, aber doch ähnlich wie bei dem
Versäumnisurteil.
Entsprechend dem Ausgeführten bietet es für mich
keine Schwierigkeiten, die von Bülow, ZZP. 31, 265 als
geraden Gegensatz zur Lehre vom konkreten Rechtsschutzanspruch
gedachte These 3, erst mit Abschluß der Prozeßverhandlung
entstehe ein Recht auf die Urteilssällung, anzunehmen. Der
innerprozessuale und rein prozessuale Rechtsscheinschutzanspruch
ist so wenig ein Widerspruch zum außerprozessualen Rechts-
schutzanspruch und Rechtsscheinschutzanspruch, daß vielmehr

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