Volltext: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 44 = 2.F. 8 (1902))

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Schloßmanu,

Kein Zweifel, daß diese Rechtsbehandlung mit den Ge-
setzen methodischer rechtswissenschaftlicher Forschung nicht im
Einklang steht. Während der oberste Grundsatz einer wissen-
schaftlichen Dogmatik lautet: „ex Mre quod est, regula fiat“,
so ist hier ganz offenbar in ausgedehntestem Maße und in
grundlegenden Fragen nach dem umgekehrten Prinzip verfahren
und gegen den nicht genug zu beherzigenden, leider aber so oft
mißachteten Satz des Paulus: „nvn ex regula iu8 sumatur“
verstoßen.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die praktischen
Sätze, zu denen man in Bezug aus Deliktshaftung von
juristischen Personen, auf die Behandlung der Wissen oder
Nichtwissen einschließenden Thatbestände u. s. w. auf dem an-
gegebenen Wege gelangt ist, gerecht und zweckmäßig sind oder
nicht. Steht einmal fest, daß sie nach einer unrichtigen Methode
gewonnen sind, so sind sie- für die Wissenschaft zunächst ohne
Werth und für die Praxis verdächtig. Als sicheren Besitz
können wir in erster Linie nur solche Rechtssätze ansehen, die
auf Gesetz oder Gewohnheit beruhen oder sich durch Deduktion
oder Induktion aus gesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen
Normen ableiten lassen. Wo auf diesem Wege sich Entschei-
dungen für rechtlicher Regelung bedürftige Fragen nicht ge-
winnen lassen, da kann der Richter und, vorarbeitend für ihn,
die Wissenschaft die erwünschte Norm nur finden, indem sie sich
auf den Standpunkt des Gesetzgebers stellen und unter ein-
gehender Prüfung aller in Betracht kommenden Interessen die
gerechteste und zweckmäßigste Norm zu finden sich bemühen.
Was so als empfehlenswertheste Norm gefunden wird, das ist
darum noch nicht allgemein bindendes Recht. Es gilt für den
einzelnen Fall, in dem der Richter es zur Geltung gebracht.
Die Autorität der Rechtslehrer kann ihm in der Praxis für
einzelne oder zahlreiche Fälle zur Geltung verhelfen. Es kann

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