Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 55 = 2.F. 19 (1909))

Berschuldensaufrechnung, Gefährdungsaufrechnung rc. 203

ausgesprochen, daß „Knaben von 7—8 Jahren, wenn sie auf
der Straße spielend sich tummeln, überhaupt und ganz ohne
Rücksicht auf ihre Individualität nicht das Bewußtsein der
Gefahren haben, die ihnen durch Unachtsamkeit und Mutwillen
seitens der Straßenbahnwagen drohen." Die Ausschaltung
warnender Gedankenverbindungen ist doch bei Kindern alltäg-
lich, und die Annahme, der Vater hätte sein Kind nicht ge-
mahnt und vor der Straßenbahn gewarnt, wäre doch mindestens
sehr merkwürdig. Im Ergebnis ist die Entscheidung RGZ.
53, 312 zu billigen, aber nicht in der Begründung.
Angenommen, der Vater hätte es in der Aufsichtspflicht
versehen, so trafen ihn die gemachten Ausgaben mit Fug und
Recht. Ich verweise hierfür auf früher Gesagtes.
Die Ansicht des RG., daß § 832 die Haftung der
aufsichtspflichtigen Personen erschöpfend hat regeln wollen, er-
scheint richtig. Bedenklicher ist, daß das RG. lediglich
bei dem Wortlaut des § 832 stehen bleiben will und verlangt,
daß der Aufsichtsbedürftige einen Schaden unmittelbar an
Leib und Leben, Eigentum Dritter verursacht hat.
Zunächst eine Kleinigkeit vorweg. Auch RG. gerät durch
die Logik der Tatsachen auf die Frage: War die Annäherung
an die Straßenbahn objektiv berechtigt?
In unserer Sprache: Lag berechtigte Selbstgefährdung
vor? Hiergegen hat Hinze, EisenbE. 21, 402, eingewandt,
daß eine solche Annäherung auch ohne schadenbringende Wirkung
gesetzwidrig sein kann, Richtig, aber keine Widerlegung. Jedoch
interessiert uns diese Frage, wegen derer auf frühere Aus-
führungen verwiesen wird, nicht weiter.
Wichtiger ist der Widerspruch zwischen RGZ. 62. 346
(Blankenburg-Halberstadter Bahn) und RGZ. 53, 312. Der
Widerspruch besteht zwar nicht in der Begründung, aber im
praktischen Ergebnisse, denn in RGZ. 62, 346 wird Mitver-

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