Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 55 = 2.F. 19 (1909))

16

PaulKrückmann,

Obhut und Aufmerksamkeit, eine dahin gehende Bestimmung für
ihre Beamten fehlt bei keiner Eisenbahnunternehmung, ober
andererseits erwartet sie selbstverständlich, daß die Begleiter der
Kinder Obhut ausüben, und achtet dementsprechend die
diesen Begleitern zuftehenden Befugnisse. Der
VI. Senat hat dies für widersinnig erklärt, denn dies hieße,
das Kind, vertreten durch die Mutter, hätte der Eisenbahn
gegenüber die Pflicht übernommen, sich durch die Mutter be-
aufsichtigen lassen (S. 347 a. a. O.). Die Widersinnigkeit
verschwindet aber sofort, wenn die Pflicht, sich beaufsichtigen
zu lassen, als Pflicht, sich vor Schaden zu bewahren, vor-
gestellt wird. Ist das Kind Vertragsperson, so ist an dieser
weiteren Pflicht gar nicht vorbeizukommen, und es ist weiter
nicht daran vorbeizukommen, daß die Eisenbahn auf die Er-
füllung dieser Pflicht keinenfalls verzichten wird, auch nie ver-
zichtet, und daß folglich eine Hilfsperson zur Erfüllung dieser
Pflicht dasein muß, wenn das Kind in Begleitung solcher
Personen reist, die nach Lage der Sache rechtlich als solche
Hilfspersonen angesprochen werden können.
Ergebnis: Das fahrkartenpflichtige Kind wird anders be-
handelt als das viel hilflosere, noch nicht fahrkartenpflichtige
Kind, bei dem die Erwartung, an Stelle seiner Hilflosigkeit
werde das Eingreifen des Begleiters eintreten, noch viel mehr
berechtigt ist.
Ist diese Verschiedenheit berechtigt? Auf den ersten Blick
muß man sagen: Das hilflosere Kind bedarf des größeren
Schutzes. Aber man muß auch sagen: Die Eisenbahn darf
den größeren Schutz von dem Begleiter erwarten, und dies
muß in dem Rechtsverhältnis zum Kinde irgendwie zum Aus-
druck kommen, denn der Rückgriff auf die fahrlässige Mutter
ist ein schwacher Trost, der eigentliche Schutz der Bahn besteht
in der Beschränkung ihrer Haftung.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer