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E. Lübbert,
lichen Rechts gelten. Schon in der römischen Kaiserzeit war
man über jene Auffassung vollkommen hinaus, und erkannte
man, daß der Rückgabeanspruch aus einer Vereinbarung stamme,
welche Vereinbarung man, wenn sie sormlos war, durch die
Vorleistung des Darlehens zur juristischen Tatsache werden ließ.
Heute vollends ist die Vereinbarung, ein Darlehen vorzuleisten
und widerzuleisten, von vornherein vollgültig; wenn der Anspruch
auf Widerleistung des Darlehens erst mit der Hingabe materiell
perfekt wird, so liegt das an dem Willensinhalt der Parteien,
welche eben die Vorleistung von einer Seite gerade beim „Dar-
lehen" wollen. Vereinbart aber wird die Pflicht, das „Darlehen"
widerzuleiften, stets. Denn wo man sich darüber klar ist, daß
eine Summe als „Darlehen" gegeben werden soll, dort ist
man sich auch darüber klar, daß diese Summe widerzuleisten
ist; darum redet man eben von einem Darlehen und nicht von
einer Schenkung; soweit die Parteien dabei der Fälligkeit des
Anspruchs auf Widerleistung nicht gedenken, wird diese Fällig-
keit vom Gesetz geregelt (BGB. § 609). Warum aber sollte
dann der Anspruch auf Widerleistung des Darlehens eine con-
dictio od 6au8am datorum sein, wenn diese Widerleistung
stets vereinbart ist? Hätte Schöninger recht, so könnte
A das Darlehen oder den Wert des Darlehens nicht mehr
zurückverlangen, sobald es bei B durch Zufall untergegangen,
B also nicht mehr durch das Darlehen bereichert ist (§ 818
Abs. 3 BGB.). Und warum bedarf es denn mangels be-
sonderer Abreden einer Kündigung des Darlehens, wenn der
Empfänger durch das Darlehen „ungerechtfertigt bereichert" ist?
Die Darlehenslehre Schöningers entfernt sich ebenso-
sehr von der Realkontraktstheorie wie von der Konsensual-
kontraktstheorie; was sie von der elfteren Theorie unterscheidet,
das ist insbesondere die Tatsache, daß bei Schöninger das
Darlehen lediglich als Leistung, nicht contradendi causa ge-