Der Kreditvertrag.
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1) Auf dogmatischem Gebiete hat unseres Erachtens
Brinz den Satz, daß in den Verträgen mit Vorleistungs-
pflicht sich die römischen Realkontrakte erhalten hätten, als
erster mit Bewußtsein zum Ausgangspunkt seiner Lehre ge-
macht — während sich bei seinen Vorgängern jener Satz hinter
der Argumentation: „das Darlehen ist ein Vertrag aus Rück-
gabe, zurückgeben kann man nur, was man empfangen hat",
versteckte. In seinen Pandekten § 248 S. 138 sagt Brinz:
„Nichts steht im Wege, daß die Parteien sich anders, als auf
Grundlage einer res nicht obligieren mögen. Allen entgegen-
gesetzten Theorien zum Trotz bestehen denn die Realkontrakte
fort, die ungenannten wie die genannten." Hinsichtlich des
Darlehens kann Brinz unter der Verpflichtung, zu der „die
Parteien sich anders als auf Grundlage einer res nicht ob-
ligieren mögen", nur die Verpflichtung zur Widerleistung des
Darlehens verstehen; für die Hingabeverpflichtung kommt die
„Grundlage einer res" gar nicht in Betracht. Worauf Brinz
also Hinweisen will, ist dies, daß es vom Willen der Parteien
(obligieren mögen) abhängt, bei einem Vertrage den Anspruch
einer Partei erst mit ihrer Leistung perfekt werden zu lassen,
und das ist eben der Fall, wenn die Parteien ein Geschäft
mit Vorleistungspflicht einer Partei wollen. Brinz war bei
dieser Auffassung viel konsequenter, als seine Vorgänger; er
hielt anders, als diese, auch an den unbenannten Realkontrakten
fest. In der Tat muß man, wenn man das Darlehen einen
Realkontrakt nennt, auch den Tauschvertrag: zu leisten ein
Pferd gegen einen 6 Monate später zu leistenden Ochsen, für
einen Realkontrakt erklären; denn auch hier wird der Anspruch
auf die Gegenleistung erst mit der Vorleistung materiell perfekt,
auch hier mögen die Parteien nur auf Grund der Leistung
des Pferdes die Obligierung (des Empfängers) zur Gegen-
leistung.