Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 52 = 2.F. 16 (1907))

Der Kreditvertrag.

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Willenswirkung des formlosen eonsevsuZ heilendes Moment
nicht mehr in Betracht kommt: gibt es heute keine Real-
kontrakte mehr. Aber nur wenige haben so gefolgert und um
dieser Folgerung willen alle früheren Realkontrakte, auch die
benannten, als Konsensualkontrakte anerkannt28). Meistens 2»)
dagegen erklärte man: die römischen Innominatrealkontrakte
seien zwar jetzt Konsensualkontrakte geworden — die benannten
Realkontrakte aber seien Realkontrakte geblieben — und zwar
rechtfertigte man diese Behauptung folgendermaßen: Darlehen,
Leihe, Pfandvertrag und Verwahrung seien Verträge auf Rück-
gabe; zurückgeben könne man nur, was man empfangen habe;
also setze die Rückgabepflicht Hingabe voraus, also seien jene
Verträge noch heute Realkontrakte.
Wir wollen auf diese Argumentation nicht im einzelnen
eingehen, sondern nur die Hauptsache klarlegen, nämlich die
grundsätzliche Auffassung des „Realkontrakts", welche jene Argu-
mentation verrät. „Zurückgeben kann man nur, was man
empfangen hat", so argumentierte man — aber daß beim
Darlehen erst A leistet, und B später zurückleistet, folgt daraus,
daß die Parteien eben dieses Geschäft mit seiner (wirtschaftlich
charakteristischen) zeitlichen Spannung zwischen den beiderseitigen
Leistungen wollen; daß A vorzuleisten hat, und daß deshalb
sein materieller Anspruch auf die Widerleistung (Rückleistung)
28) Bruns § 56 in Holtzendorffs Enzyklopädie Bd. 1, 1890;
Keller, Pandekten, 1866, § 221 (aber § 294?); Koppen in JheringsJ.
11, 352; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts * § 166 (anders
in der 3. Aust.) und die dort Zitierten. Zuerst scheinen Heise, Grundriß
zu Vorlesungen, 1807, S. 43, und Wening-Jngenheim, Lehrbuch
des gemeinen Zivilrechts, 1825, § 163, aus jenem Gedankengang heraus das
Fortbestehen auch der benannten Realkontrakte geleugnet zu haben.
29) So z. B. Glück, a. a. O. 4, 238—240; Sintenis, Zivilrecht
tz 108 N. 6; Gerber, Deutsches Privatrecht" § 159; Baron, Pandekten
ß 210; Arndts, Mühlenbruch, Seufsert a. a. £>.; Keller, a. a.O.
§ 294. Weitere siehe bei Adler in JheringsJ. 31, 193.

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