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Dr. Danz,
Dabei vergißt er ganz, daß er selbst diese Begriffe eben
nur auf Grund seiner Lebenserfahrung, auf Grund der
auslegenden Sätze, welche diese ergiebt, hat entwickeln können;
daß er den „juristischen Begriff" dadurch gewonnen hat, daß
er auf Grund des auslegenden Satzes der Lebenser-
fahrung, der Verkehrssitte in den Fällen a, b und c
geschlossen hat, hier liegt „eine bewegliche Sache", ein „Ge-
bäude" rc. vor, und daß er hierauf durch Heräusziehen des
diesen Fällen Gemeinsamen seinen „juristischen Begriff" ge-
bildet hat. Das Schlimmste ist nun, wenn der Jurist an den
neuen Fall ä mit diesem „juristischen Begriff" herantritl und
danach feststellt, ob „eine bewegliche Sache", ein „Gebäude"
rc. im vorliegenden Falle vorliegt, indem er die Frage bejaht,
falls alle die in seinem Begriff zusammengestellten Eigen-
schaften sich in dem neuen Falle finden, die Frage verneint,
wenn dies nicht der Fall ist. Es ist klar, daß dies falsch ist:
denn wenn die Verkehrssitte im Fall ä den betreffenden Ge-
genstand zu den „beweglichen Sachen", zu einem „Gebäude"
rechnet, ohne daß alle die Eigenschaften hier vorhanden sind,
die der Jurist aus den Fällen a, b, c herausgenommen und
als dem Begriff wesentlich seftgestellt hat, so folgt daraus, daß
der Begriff falsch gebildet war, nicht aber daß der
betreffende Gegenstand nicht zu den „beweglichen Sachen",
zu den „Gebäuden" gehöre. Weil der Begriff die Sätze der
Verkehrssitte zurGrundlage hat, lediglich auf ihnen be-
ruht, so können diese wohl den einmal gebildeten Begriff
modifiziren, nicht kann aber der „Begriff" die Sätze der Lebens-
erfahrung ändern.
Der Umstand, daß in besonders verwickelten Fällen auch
das Rechtsgefühl des Einen von dem des Anderen abweichen
kann und oft thatsächlich abweicht, genügt doch gewiß nicht.