Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 38 = 2.F. 2 (1898))

Laienverstand und Rechtsprechung.

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komme, wenn das betreffende Verhältniß nicht durch Privat-
willkür geordnet sei.
Es wird dann noch erklärt (S. 9 eit.), daß es dem Ge-
setze offen stehe, in bestimmten Fällen auf das Gewohnheits-
recht zu verweisen, im Entwürfe finde sich aber eine
derartige Verweisung nicht.
Die Bedeutung, welche der Gewohnheit im natür-
lichen Sinne — der tatsächlichen Uebung, dem Gebrauche,
der Sitte — für die Ermittelung des rechtsgeschäftlichen
Willens zukomme, werde durch den § 2 nicht berührt. Die
Gewohnheit in diesem Sinne mache sich in zweifacher Hinsicht
geltend; das Uebliche könne zur Auslegung von Willens-
erklärungen dienen oder könne von den Verfügenden zur Er-
gänzung in Bezug genommen sein. In dem einen wie in
dem anderen Falle bestimme die Uebung das Rechtsver-
hältniß, wenn und soweit die Annahme begründet erscheine,
daß die Urheber des Rechtsgeschäfts das Uebliche gewollt
haben. Die Uebung komme dabei nicht als Norm des
objektiven Rechts in Betracht; das Uebliche gelte, weil es
einen Bestandtheil der Willenserklärung bilde;
als rechtsgeschäftliche Regelung schließe es das Ein-
greifen dispositiver Rechtssätze aus.
Die Annahme, daß das Uebliche das dem Willen des
Verfügenden Entsprechende sei, könne gerechtfertigt sein, auch
wenn sie nicht in dem Wortlaut der Willenserklärung, sondern
in schlüssigen Handlungen oder in einem nach den Umständen
bezeichnenden Stillschweigen ihre Stütze finde ; sie könne unter
diesen Voraussetzungen selbst dann gerechtfertigt sein, wenn die
Uebung den Betheiligten oder einem derselben unbekannt
gewesen sein sollte. Soweit für den Entwurf Veranlassung
Vorgelegen, auf diese Art der Gewohnheit zu verweisen, sei
der Ausdruck Verkehrssitte (§§ 151, 157, 242 — § 97 —

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