Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 38 = 2.F. 2 (1898))

262

W. von Blume,

gehaltener Pistole gezwungen, meine Börse herzugeben oder
einen Wechsel zu unterschreiben. Was will ich? Ihm das
Eigenthum übertragen. Wechselschuldner werden? Sicher nicht.
Beabsichtigt ist von mir der thatsächliche Erfolg, die Besitz-
Übergabe. die Unterschrift, nicht der unter normalen Umständen
zu erwartende rechtliche Erfolg meiner Handlung. Daß nun der
Urheber der Drohung sich über diese Sachlage klar ist, wird
in solchen Fällen anzunehmen sein, wo er schon durch die
auf den thatsächlichen Erfolg gerichtete Handlung einen greif-
baren Vermögensvortheil erhält und sich um den rechtlichen
Erfolg nicht kümmert, wie es besonders bei Fällen der Tra-
dition und der Kreation von Schriftobligationen der Fall
sein kann.
Angesichts dieses Zustandes der die erzwungenen Rechts-
geschäfte betreffenden Normen drängt sich die Frage auf, wie
sich in der Praxis ihre Anwendung gestalten wird.
§ 105 und § 116 erregen keine ernsthaften Bedenken.
Der erste deshalb nicht, weil der oben unter 2 konstruirte
Fall höchst selten Vorkommen wird. § 116 aber wird, soweit
er auf erzwungene Willenserklärungen Anwendung finden
könnte, für die Praxis durch § 123 gänzlich verdunkelt wer-
den, ohne daß für das Rechtsleben irgend welcher Schaden
daraus entstände. Ich habe diese beiden Paragraphen eigent-
lich auch nur herangezogen, um § 138 in schärferes Licht zu
rücken.
Denn was diesen betrifft, so liegt auf der Hand, daß es
nicht wünschenswerth sein kann, wenn erzwungene Rechts-
geschäfte bald als nichtig, bald als anfechtbar behandelt werden,
je nachdem der Richter der Ansicht ist oder nicht, daß das
Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstoße.
Der Fehler liegt nicht in § 123, sondern in der zu weiten
Fassung des § 138. Es ist zwar angemessen, daß Rechts-

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer