Beiträge zur Auslegung deS deutschen B.G.B. 261
müssen, wenn die Furcht, das „Entsetzen", den Verstand vor-
übergehend lähmte, jede Besinnung raubte, wie es z. B. bei
hysterischen Menschen sehr wohl der Fall sein kann. Giebt
in solchem Zustande jemand eine Willenserklärung ab, so ist
diese Willenserklärung nichtig, genau genommen: der Vor-
gang, der unter normalen Umständen als Erklärung eines
rechtsgeschäftlichen Willens aufgefaßt werden müßte, ist hier
überhaupt keine Willenserklärung. Mit Endemann wird
allerdings verlangt werden müssen, daß, wer behauptet, durch
Furcht geistig gestört worden zu sein, dazu den Nachweis ent-
sprechender körperlicher oder psychischer Veranlagung erbringe.
Daß in solchen Fällen die Unwirksamkeit der Willens-
erklärung nicht auf die Drohung zu basiren sei, hat schon das
Allgemeine Landrecht erkannt und demgemäß in § 44 von
Buch I Tit. 4 bestimmt:
„Hat Furcht vor der Gefahr das Vermögen des Er-
klärenden, mit Freiheit und Ueberlegung zu handeln, gänzlich
ausgeschlossen, so findet die Vorschrift des § 28 sqq. An-
wendung."
In § 28 aber wird gesagt, daß. wer durch Schrecken,
Furcht, Zorn oder andere heftige Leidenschaften der Vernunft
beraubt sei, dem Wahnsinnigen gleichzuachten, also handlungs-
unfähig sei.
3) Endlich kann unter Umständen eine erzwungene Willens-
erklärung auch nach § 116 nichtig sein.
Behält sich bei einer Willenserklärung der Erklärende
insgeheim vor, das Erklärte nicht zu wollen, so ist sie nichtig,
wenn die andere Partei den Vorbehalt kennt.
Sollte eine solche M6ntuli8 reservatio nicht auch bei er-
zwungenen Willenserklärungen Vorkommen und dem Urheber
der Drohung zum Bewußtsein kommen?
Angenommen, ich würde von einem Räuber mit vor-