Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 38 = 2.F. 2 (1898))

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Emil Strohal,

4) Der Besitz wird sodann auch dadurch beendigt, daß
der Besitzer die thatsächliche Gewalt über die Sache aufglebt.
Solange er freilich alles das, was zur thatsächlichen Gewalt
über die Sache im Sinne des B.G.B. gehört, selbst ohne
jede Rücksicht auf seinen Willen hat, kann er durch bloße
Aeußerung seines Aufgebungswillens nicht aufhören, Besitzer
zu sein. Was ich in der Tasche habe, besitze ich, selbst wenn
ich es nicht besitzen will. Es giebt aber auch Fälle, wo der
Zusammenhang zwischen dem Besitzer und der vorläusig als
noch fortdauernd besessen anzusehenden Sache so beschaffen
ist, daß er aufhört, vorhanden zu sein, wenn der Besitzer auch
nur erklärt, seinen Besitz aufgeben zu wollen. Beispiel: Je-
mand, der durch Erbgang Besitzer eines Grundstücks geworden
ist, giebt den Besitz durch öffentlich kundgemachte Erklärung
frei, weil ihm die Behauptung und Verwaltung deS Besitzes
zu kostspielig ist. Solche Erklärung ist rechtsgeschäftlicher Natur
und deshalb nur wirksam, wenn der sich Erklärende unbeschränkt
geschäftsfähig ist, oder den Anforderungen genügt ist, welche
das Gesetz an rechtsgeschäftliche Willenserklärungen stellt, die
für einen Geschäftsunfähigen oder einen in seiner Geschäfts-
fähigkeit Beschränkten (als von denselben ausgehende) wirksam
sein sollen.
Beruht der für den unmittelbaren Besitzer, neben welchem
auch noch ein mittelbarer Besitzer vorhanden ist, eintretende
Besitzverlust lediglich darauf, daß der erstere die thatsächliche
Gewalt über die Sache aufgiebt, und liegen die Verhältnisse
so, daß der mittelbare Besitzer gerade dadurch in die Lage
kommt, die Gewalt über die Sache nunmehr selbst auszuüben,
so wird dies für den letzteren zur Folge haben, daß sein bis-
heriger mittelbarer Besitz zum unmittelbaren wird^i).
101) Es sei an daS schon mehrmals erwähnte Beispiel erinnert, daß
der Pächter nach Ablauf der Pachtzeit aus dem Pachtgrundstück ohne
weiteres abzieht.

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