Volltext: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 35 = N.F. 23 (1896))

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Sjögren,

oben angedeutet, kann der charakteristische Thatbestand von
einem größeren Umfange sein, als ein einzelnes Symptom an
die Hand zu geben scheint, und eben dies trifft hier zu. Wir
haben neben dem Verschulden als das zweite symptomatische
Moment die Finalität der Wirksamkeit angegeben 46). Die
Einheit des Thatbestandes ist dadurch im Wesentlichen bewahrt,
indem die beiden Symptome dem Beweis eines und desselben
Beweisthemas dienen. Sie decken sich aber nicht vollständig,
sondern es giebt Fälle, in welchen, obschon kein' Verschulden
vorliegt, das Moment der Finalität die Wirksamkeit und mit
dieser die Verantwortlichkeit für den durch dieselbe verursachten
Schaden an eine bestimmte Person knüpft. Es giebt andere
Fälle, wo die beiden symptomatischen Momente konkurriren,
d. h. auf verschiedene Personen Hinweisen. Die Verantwort-
lichkeit wird hier durch den verschiedenen Grad bestimmt, in welchem
sie ihre symptomatische Funktion auszuüben im Stande sind.
In der Regel wird das Schuldmoment das stärkere sein, das
die Verantwortlichkeit nach dem Gesichtspunkte der Finalität

46) Der Gesichtspunkt der Kausalität ist für die Erklärung der hier
in Rede stehenden Erscheinungen von Merkel (Encyklopädie §§ 665, 680,
683 vgl. §§ 278 und 243) herangezogen und zwar in dem Sinne, wie die
Kausalität nach ihm der Grund jeder Verantwortlichkeit ist. Es ist die
Kausalität des menschlichen Willens, auf welcher jede Haftung beruht. Aber
keine Eigenschaft dieser Kausalität ist angegeben, durch welche die Schaden-
ersatzpflicht ohne Verschulden verständlich wird. Es muß nachgewiesen werden,
wie neben dem Rechtsgeschäft, dem Delikte und dem symptomatischen Schuld-
momente ein viertes steht, das der besondere Grund jener Haftung ist.
Für die Erklärung der einzelnen Fälle wendet Merkel auch andere (sekun-
däre) Gesichtspunkte an (§ 665 sub 2: die Billigkeit, §§ 673, 675 die
Gefährlichkeit der Handlung oder des Unternehmens, § 680 den Gesichts-
punkt der Prävention, § 681 die Analogie der Expropriation rc.) Wenn
diese besonderen Gründe in den Vordergrund treten, erscheint das Moment
der Kausalität (Encyklopädie S. 282) zu abstrakt, um als das die ein-
zelnen Fälle beherrschende Prinzip bezeichnet werden zu können.

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