Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 35 = N.F. 23 (1896))

252

Otto Gierke.

erklärlich und nur bei dem System der staatlichen Korporations-
bevormundung erträglich. Die freie Genossenschaft ist auf die
Darstellung durch eine Personengesammtheit angelegt und
kann nicht in eine von einer Einzelperson getragene Stiftung
Umschlagen. Wenn die Gesetzgebung die Bildung von Ge-
nossenschaften durch freie Vereinigung in bestimmten festen Formen
und unter genau geregelten Bedingungen ermöglicht hat, so
konnte sie doch hiermit nicht die Möglichkeit eröffnen wollen, durch
nachträgliche Zusammenziehung der Mitgliedschaften .selbständige
personifizirte Fonds im Vermögen einer Einzelperson zu schaffen.
Daß bei Aktiengesellschaften und Gewerkschaften in Folge der
Verkörperung der Mitgliedschaften in Aktien oder Kuxen das Nicht-
vorhandensein eines Personenvereins eine Zeit lang verborgen
und im Falle rechtzeitiger Wiederbeseitigung dieses Zustandes
überhaupt wirkungslos bleiben kann, beruht auf der selbstän-
digen rechtlichen Bedeutung der für solche Vermögensgenossen-
schaften hergestellten objektiven Unterlage. Die objektive Ge-
bundenheit und Gliederung des Sondervermögens, auf das
die körperschaftliche Existenz gegründet ist, besteht bis zu dessen
Zerstörung fort und äußert immer noch rechtliche Wirkungen.
Darum ist eine Wiederbelebung des genossenschaftlichen Daseins,
das dann bloß geruht hat, möglich. Inzwischen aber ist eine
lebendige Genossenschaft nicht vorhanden und somit eine rechts-
wirksame subjektive Lebensäußerung der Verbandsperson, ein
Beschluß, eine Statutenänderung, eine Bestellung von Or-
ganen u. s. w. ausgeschlossen.
In Ansehung der Hinterlassenschaft beendigter
Körperschaften hat die Rechtsprechung Gelegenheit gehabt, dem
Wesen der sozialen Succession durch die Anwendung der
Grundsätze der Gesammtnachfolge in Fällen des Vermögens-
überganges auf eine Ersatzperson gerecht zu werden. So
nimmt das Erk. des R.G. (V. Sen.) v. 9. Juli 1890

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer