Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 35 = N.F. 23 (1896))

Besprechung reichsgerichtlicher Entscheidungen.

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Bestimmung wäre geeignet, die Vorschrift des Art. 211 des
H.G.B. geradezu in die Lust zu sprengen!
In der wegen Meinungsverschiedenheit zwischen dem I.
und IV. Civilsenat von den vereinigten Civilsenaten des R.G
entschiedenen Frage, ob die Simultangründung einer
Aktiengesellschaft ein stempelpflichtiges An-
schaffungsgeschäft enthalte, ist ein Widerstreit in der Auf-
fassung der Körperschaftsgründung als solcher nicht zu Tage
getreten. Denn der Streit drehte sich nur um die Beschaffen-
heit des zwischen den Gründern als Einzelnen geschloffenen
Vertrages, in den der IV. Senat ein gegenseitiges Versprechen
der Verschaffung und Anschaffung der übernommenen Aktien
hineinlegte, während der Beschluß der vereinigten Civilsenate
v. 30. Juni 1892 (C.S. XXXI Nr. 3) in ihm nur eine
gegenseitige Zusage erblickt, durch Einlagen die Aktiengesell-
schaft zu Stande zu bringen und demgemäß bestimmte freie
Vermögensbeftandtheile in genossenschaftliche Antheile umzu-
wandeln. Dagegen hatte auch der IV. Senat, nachdem er
anfangs sich zweideutig ausgesprochen hatte (Erk. v. 13. Dez.
1888, C.S. XXII Nr. 23 S. 129 ff.), schon im Erk. v.
12. Mai/19. Juni 1890 (C.S. XXVI Nr. 8) ausdrücklich
anerkannt, daß die Aktiengesellschaft selbst jedenfalls nicht als
Kontrahentin eines stempelpflichtigen Geschäftes über Ver-
schaffung der Aktien behandelt werden dürfe. Ebenso hatte
der VI. Senat im Erk. v. 3. Nov. 1890 (b. Seuff. XLVI
Nr. 207) jede Möglichkeit verneint, ein zwischen den Gründern
oder Zeichnern und der Aktiengesellschaft geschlossenes An-
schaffungsgeschäft anzunehmen. Der Beschluß der vereinigten
Civilsenate aber legt überzeugend klar, daß die Aktiengesell-
schaft, obschon sie zur Ausfertigung und Aushändigung der
Aktienurkunden verpflichtet ist, doch die Aktien nicht veräußert,
weil sie an ihnen niemals Eigenthum erwirbt, sondern sie bei

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