Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 35 = N.F. 23 (1896))

Besprechung reichsgerichtlicher Entscheidungen.

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haben. Dahin gehören z. B. nach dem Erk. des R.G. v.
16. Okt. 1886 (C.S. XVIII Nr. 11) Zusicherungen über die
Beschaffenheit einer Sacheinlage, die bei den Verhandlungen
vor der Errichtung einer Aktiengesellschaft Einzelnen gemacht
sind, um sie zur Betheiligung zu veranlassen (S. 66—70).
Von selbst versteht es sich ferner, daß eine Körperschaft
vor ihrer Entstehung nicht selbst handeln und daher auch
nicht durch eine als ihr künftiges Organ in Aussicht genommene
Person einen Vertrag schließen kann. Dies wird im Erk. des
R.G. (I. Sen.) v. 17. Jan. 1894 (C.S. XXXII Nr. 25)
hinsichtlich eines für eine Aktiengesellschaft vor ihrer Eintragung
geschlossenen Lieferungsvertrages mit Recht unter Verwerfung
der gegentheiligen Annahme des Kammergerichts ausgesprochen.
Doch wird hier einerseits dieser Satz unrichtiger Weise auf die
mit der Gründung nicht zusammenhängenden Rechtsgeschäfte
eingeschränkt, während auch im Rahmen der Gründung ein
rechtsgeschäftliches Handeln zwar mit Wirkung für und wider
das künftige Rechtssubjekt, nicht aber, wie das R.G. meint,
kraft einer gesetzlichen Ausnahme bereits in dessen Namen statt-
findet. Andererseits wird die sachlich zutreffende Entscheidung
durch den Nachweis, daß die Aktiengesellschaft selbst nicht kon-
trahirt hat und auch nicht etwa durch unbeauftragte Ge-
schäftsführung ihres künftigen Organs gebunden werden konnte,
nicht ausreichend begründet. Denn immerhin war der frag-
liche Vertragsschluß nicht ohne jede Bedeutung für die Aktien-
gesellschaft, sondern konnte als Vertragsschluß zu Gunsten eines
noch nicht vorhandenen Dritten wirksam werden. Nach dieser
Auffassung aber hatte die Aktiengesellschaft, da es sich nicht
um die Festsetzung der von ihr hinzunehmenden Daseinsgrund-
lagen handelte, nach ihrer Entstehung die freie Wahl, ob sie
das ihr ausbedungene Recht nebst den ihm anhaftenden Ver-
pflichtungen annehmen oder ablehnen wollte.
XXXV. N. F. XX11I.

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