Versprechen und Vertrag.
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Publikum gegenüber, bei welchem das Juristendeutsch nach-
gerade anfängt sprichwörtlich zu werden 4 5). Verlangt man,
daß die Bürger sich nach den Gesetzen richten sollen, so ist
man vor allem verpflichtet, sich ihnen verständlich zu machen.
Sodann aber auch gegenüber den Richtern, welchen die
Anwendung und Auslegung des Gesetzes durch vom gewöhn-
lichen Sprachgebrauch abweichende Ausdrucksweise desselben
wesentlich erschwert wird.
Deshalb ist die sorgfältigste, eingehendste Nachprüfung
hinsichtlich der Fassung der Einzelbestimmungen dringend
geboten.
III. Viel wichtiger aber noch ist die Prüfung der Ter-
minologie k»), der im Gesetze nicht definirten, aber als be-
kannt vorausgesetzten Grundbegriffe.
Man hält es für weise, Begrisfsbezeichnungen
aus dem Gesetzestexte möglichst zu verbannen. Man
bildet sich ein, durch ihre Weglassung der Entwickelung der
Wissenschaft und der Praxis freien Spielraum offen gelassen
zu haben. Aber sollte dabei nicht eine Selbsttäuschung zu
Grunde liegen? Die zahlreichen, in den Gesetzestext aufge-
Mommenen Folgesätze aus den vorausgesetzten Begriffen
sind doch unabänderlich. Sind also diese Begriffe selbst logisch
oder sprachlich anfechtbar, der Natur der Sache nicht ent-
4) Behauptet man doch sogar, es sei oft auch nicht einmal für die
Juristen selbst verständlich. G e n s e l, Die Sprache des Entw. des B.G.B.,
Leipzig 1893, S. 24.
5) Dieser fremdländische Ausdruck ist in der Ueberschrift dieser Ab-
handlung durch das kurze Wort Begriffslehre — statt Begriffsbezeich-
nungslehre — wiedergegeben. Einen passenderen deutschen Ausdruck habe
ich nicht gefunden. — Die gewöhnliche Uebersetzung „Kunstsprache"
hätte die Vorstellung der Unverständlichkeit für Nichtgelehrte erweckt, gerade
im Gegensätze zu dem hier empfohlenen Streben nach Gemeinverständ-
lichkeit.