Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 32 = N.F. 20 (1893))

Zur Lehre von der Kompensation.

24fr

Aus einer Position geschlagen, zieht sich derselbe in eine andere
Position zurück. Eine betagte oder anders bedingte Kompen-
sationserklärung würde eine bedenkliche Leere, eine Bresche in
dem Vertheidigungssystem des Schuldners aufweisen, durch die
der Gläubiger auf die leichteste Weise zum Siege gelangen
kann. Eine Erklärung des Schuldners, daß er nach Ablauf
von 3 Monaten oder bei Eintritt eines gewissen Ereignisses
kompensirt haben wolle, ist keine aktuelle Vertheidigung mehr,
und der Richter, der ultra Mita nicht hinausgehen darf, kann
auf eine solche Erklärung nichts geben, wenn nicht etwa doch
noch im Laufe des Prozesses der äies, die eonckitiv eintritt*).
Nicht also als Rechtsgeschäft, vielmehr als Akt der Ver-
theidigung hat die Kompensationserklärung Bedeutung, und
darum muß eine bloß betagte oder bedingte Kompensation be-
deutungslos bleiben. Daß der Verkehr ein Bedürfniß für be-
tagte oder bedingte Kompensationserklärungen nicht hat, ist

1) Dann aber handelt es sich, vorausgesetzt, daß an der Fortdauer
des Kompensationswillens sonst nicht zu zweifeln ist, um eine unbedingt
und unbetagt gewordene Kompensationserklärung, und es braucht bei Ein-
tritt des dies, der conditio die Kompensationserklärung nicht wiederholt
zu werden.
Nach der Entscheidung deS Reichsgerichts in Bd. 17, S. 150 (über-
einstimmend Dernburg, Preuß. Privatr., Bd. II, ß 178, N. 18) ist die
ohne vorherige Kündigung geltend gemachte Kompensation mit einer der
Kündigung unterliegenden Forderung in Ansehung des Rechts zu kompen-
siren als Kündigung behufs Ermöglichung der Kompensation anzusehen
und der Gegner, wenn die Kündigungsfrist bei Erlaß des Urtheils ab-
gelaufen, auf Grund der Kompensationseinrede einfach abzuweisen. Ob in
solchem Falle die Kompensationserklärung als eine bloß betagte anzusehen,
wäre müßige Frage. Mit derselben unternimmt es der Berechtigte, das
in der Forderung selbst liegende Hinderniß ihrer Geltendmachung im Pro-
zesse hinwegzuräumen, und wäre sie als bloß betagte Kompensations-
erklärung auch unwirksam, so würde sie doch, als zugleich den rechtsgeschäft-
lichen Akt einer Kündigung enthaltend, vollständig wirksam sein. Soll dies
nach dem Entwürfe anders werden?

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer