Volltext: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 32 = N.F. 20 (1893))

Zur Lehre von der Kompensation.

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Umständen als ungültig angefochten werden kann, ist auch ein
Sah des Entwurfs. Wenn die Kompensationserklärung echtes
Rechtsgeschäft ist, so muß auch bei ihr der gedachte Satz eine
Geltung in irgend welchem Umfange behaupten können. Das
ist nun aber wohl nicht der Fall. Irrt sich der Schuldner
über die Existenz seiner Gegenforderung, so wird ihm (immer
vorausgesetzt, daß eine einseitige Kompensationserklärung vor-
liegend bleibt und sich dieselbe nicht durch Zustimmung des
Gläubigers in eine vertragliche Kompensation verwandelt)
dieser Irrthum nichts nutzen, aber auch nichts schaden. Dem
Gläubiger gegenüber, der diese Gegenforderung bestreitet, bleibt
ihm immer der Beweis obliegend, daß dieselbe in Wahrheit
existire. Denn nicht seine eigene Meinung, sondern das Ur-
theil des Richters entscheidet definitiv. Hat fich der Schuldner
über die Existenz der Forderung seines Gläubigers geirrt, so
müßte ihm, wie im Falle der irrthümlichen Zahlung einer
Nichtschuld, eines irrthümlich eingegangenen Kompensations-
vertrages, die eouäietio iuäobiti auf Aufhebung des Rechts-
geschäfts der Kompensation zustehen. Selbst erst im Prozesse
und bloß für diesen abgegeben, würde eine solche Erklärung
wiederum nach den Grundsätzen der eouäietio iuäediti an-
fechtbar sein. Davon kann aber doch niemals die Rede sein.
Ueber den Einfluß des Irrthums auf die Gültigkeit von
Prozeßhandlungen entscheidet nicht das materielle, sondern das
Prozeßrecht. Wenn im friedlichen Verkehr der Jrrthum unter
Umständen beachtlich sein muß, so hat dies darin seinen Grund,
daß eine Ordnung der Rechtsverhältnisse unter Ausschluß der
richterlichen Vermittelung gewollt ist, und daß bei dieser Selbst-
ordnung durch die Interessenten ein Schutz gegen Irrthum
nothwendig wird. Im Prozesse dagegen braucht kein Theil
dem anderen etwas freiwillig zuzugestehen; jeder kann Beweis
und Entscheidung durch den Richter verlangen. Nur soweit

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