Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 32 = N.F. 20 (1893))

Zur Lehre von der Kompensation.

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forderungen zu berufen, vielmehr nach Befriedigung des Klägers
seine eigene Forderung auf baare Zahlung geltend machen
konnte.
M. E. hat sich der Entwurf die Konsequenzen der Theorie
von der rückwirkenden Kraft der Kompensationserklärung nicht
genügend klar gemacht, und diese Konsequenzen gipfeln in einer
Beschränkung der Kompensationsfreiheit des
Gläubigers, resp. der Kompensationsfähigkeit der
Ansprüche, wie beides das heutige Recht nicht mehr kennt und
nicht mehr anerkennen kann. Nach der Theorie der Rück-
wirkung kann immer nur Hauptforderung gegen Hauptforderung,
nicht aber Zinsforderung gegen Haupt- oder Zinsforderung
kompensirt werden. Sind im Falle der Kompensation von
Hauptforderungen die gegenseitigen Zinsansprüche gesetzlich
zum Untergange prädestinirt, so können sie nicht willkür-
lich zur Kompensation verwendet werden. Geschieht es aber
doch anders, so ist das Gesetz des Unterganges für solche
Zinsansprüche unwahr. Eine bereits bezahlte oder zur Kom-
pensation verwendete Zinsforderung müßte auch nach Auf-
hebung der Hauptforderung durch Kompensation kondizirt
werden können.
Aber solches Gesetz geht heutzutage gegen das gemeine
Rechisgefühl und widerspricht der besonderen Uebung auf dem
Gebiete des Handelsrechts. Und um nur den einen Fall,
herauszugreifen, auf dem Gebiete der gerichtlichen Zwangs-
vollstreckung hat das positive Recht selbst solche Anschauung
bei Seite geschoben. Denn dem Adjudikatar eines Grundstücks
werden bei der Kaufgelderbelegung zunächst neben dem Kauf-
gelde die gesetzlichen Zinsen vom Tage der publizirten Ad-
judikatoria bis zum Tage der Kaufgelderbelegung zur Last ge-
schrieben, und erst von der Gesammtschuld an Kapital und
Zinsen wird ihm, wenn er zugleich Hypothekengläubiger war^

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